Lewis & Clark

Wenn wir uns mal wieder darüber amüsieren, dass einige Amerikaner die Ukraine in Afrika vermuten, wäre ein guter Zeitpunkt gekommen, sich kurz an Meriwether Lewis und William Clark zu erinnern. Zumindest mir waren diese beiden Persönlichkeiten bisher völlig unbekannt. Dabei gehören die beiden zu den wichtigsten Persönlichkeiten Nordamerikas. Denn ihnen gelang 1804-1806 die erste Durchquerung des amerikanischen Kontinents. Damit konnte der Präsident Thomas Jefferson überhaupt erst den Anspruch auf die Westküste festigen. Ohne Lewis und Clark könnte die aktuelle politische Landkarte vollständig anders aussehen.

Die Expedition war nicht nur politisch, sondern auch aus naturwissenschaftlicher und kulturhistorischer Sicht von enormer Bedeutung. Zum Beispiel suchten die Forscher intensive Kontakte mit diversen indianischen Stämmen. Eine Referenz daran ist die Abbildung der Expeditionsdolmetscherin Sacagawea auf der Dollarmünze.

Da aber bekanntlich spielen bildet, bin ich jetzt etwas klüger und laufe zumindest beim Thema Lewis & Clark nicht mehr in Gefahr, mich als ignoranter, kleinkarierter Westeuropäer zu outen. Die Anleitung zum Spiel enthält eine gut recherchierte Zusammenfassung der Expedition. Wer es sehr viel genauer wissen will – wahrscheinlich genauer als es für Westeuropäer notwendig ist – kann aber auch zur Biografie Undaunted Courage greifen.

Bild von Lewis & Clark

Sie haben es wahrscheinlich mittlerweile erraten: Um Lewis & Clark zu gewinnen, müssen Sie als erster erfolgreich die Pazifikküste erreichen und dazu eine Reihe von Problemen und Gefahren umschiffen. Dazu spielen Sie zumeist zwei Karten: Eine bestimmt die Aktion wie zum Beispiel Jagen oder Indianer kontaktieren. Die andere gibt die Stärke an, also wie viele Büffel Sie von der Jagd ins Lager zurückbringen. Die ausgespielten Karten bleiben vor Ihnen liegen, bis Sie sich entscheiden alle wieder auf die Hand zu nehmen. Das löst aber eine Lagerphase aus, die Sie empfindlich zurückwerfen kann. Denn einige Karten erlauben Ihnen Ihre Expedition voranzuziehen. Dazu brauchen Sie aber Kanus, Pferde und vor allem viel Ausrüstung und befreundete Indianer. Falls Sie in der Lagerphase überladen sind, zu viele Indianer auf überfüllten Kanus transportieren oder noch Handkarten besitzen, fallen Sie wieder einige Schritte zurück. Da jeder Schritt zum Ziel hart erspielt ist, kann dies sehr schmerzhaft enden.

Außer Karten auszuspielen können Sie auch Ihre Indianer aussenden, um Handel zu treiben oder Schiffe bauen zu lassen. Eine letzte Option ist es, neue Personen in Form weiterer Karten anzuwerben. Dazu benötigen Sie Waren und Felle. Um erfolgreich ins Ziel zu kommen, benötigen Sie also ein geschicktes Handkartenmanagement. Dafür sollten Sie für die erste Partie einige Stunden einplanen.

Die Spieldauer von Lewis & Clark ist mit 30 Minuten pro Mitspieler angegeben. Diese Zeit ist aber nur von geübten Spielern erreichbar. Anfänger brauchen mindestens doppelt so lang, denn Lewis & Clark ist ein überaus kniffliges Spiel. Es ist zwar möglich, aber kaum empfehlenswert, zu fünft das Wettrennen anzutreten. Im Grunde ist Lewis & Clark ein Zweipersonenspiel, das zur Not auch einen dritten Spieler verkraftet. Dann ist es aber spannend, austariert, thematisch dicht und überaus anspruchsvoll, denn es ist nicht einfach, den Mechanismus zu knacken und auf die Schnelle ein optimiertes Kartenset aufzubauen. Lewis & Clark ist aber auch ein Arbeitsspiel: So gut das Spiel funktioniert und obwohl sich am Spiel kaum etwas aussetzen lässt, muss ich mich zu jeder weiter Partie mühsam überwinden. Vielleicht fehlen einfach die Erfolgsmomente, vielleicht verzeiht das Spiel zu wenige Fehler.
Bild von 1 von 3 Dollarmünzen
Prädikat
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1 von 3 Dollarmünzen
Vielleicht haben es die Autoren auch einfach etwas zu gut gemeint und mit dem Spielniveau meine persönliche Grenze vom intellektuell gehobenen Freizeitvergnügen zur mühseligen Arbeit überschritten. Ob dies auch für Sie gilt, sollten Sie aber selbst herausfinden. Kennenlernen sollten Sie das Spiel unbedingt und sei es nur, um danach über den wirklich innovativen Kartenmechanismus oder wichtige Details der amerikanischen Geschichte mitreden zu können.

P.S. Die Rückseite der Dollarmünze fand schon mal in [cref dice-town] als Prädikat Beachtung.

Ein Kommentar

  1. Jaaa… Habe das gestern zum ersten Mal gespielt und dazu noch zu fünft. War harte Arbeit. Im ersten Spiel kann man sich schon abschminken, eine gute Rolle zu spielen, was zwar okay ist, aber irgendwie auch unbefriedigend. Besonders „lustig“ war, dass nach einer Stunde erst ein Spieler überhaupt mehr als vier, fünf Felder vorangekommen ist. Das zieht sich echt hin.
    Thematisch mag es passen, dass man sich auf eine solche Expedition super gut vorbereiten muss und anfangs kaum vorankommt, für ein „Renn-“ Spiel fand ich das nicht sonderlich spannend. Ich werd’s aber nochmal versuchen, vielleicht gibt’s ja mal eine Dreier-Runde.

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