Perry Rhodan – Die kosmische Hanse

Erstveröffentlichung am 06.02.2008 bei Hall9000.
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Im Ambourella-System aus dem Universum des Perry Rhodan fliegen die Spieler als Händler von Planet zu Planet. Wer zuerst einen Profit von 70 Megagalax erwirtschaftet, gewinnt das Spiel.

Zwischen den Spielern werden die sechs Planeten des fiktiven Systems Ambourella ausgelegt. Die Siegpunktleiste stellt gleichzeitig die Sonne dar. Auf diese Weise ist gleich klar, welches die inneren Planeten sind. An den Planeten werden gleichmäßig Güterkarten ausgelegt. Diese stehen zum Einladen bereit und zeigen den Zielplaneten an. Ferner besitzt jeder der beiden Spieler einen identischen Kartensatz. Bis zu fünf Handkarten stehen davon während des eigenen Zuges zur Auswahl, um so genannte Interventionen durchzuführen oder Technologien zu kaufen. Der Zug eines Spielers besteht aus folgenden Komponenten:

  • Ein Flug: Durch einen Würfelwurf wird die Reichweite bestimmt. Das Landen auf und Ablegen von einem Planeten verbraucht einen Punkt des Würfelergebnisses. Abhängig von der Flugrichtung werden ein oder zwei Punkte benötigt, um von einem Planeten zu einem anderen zu gelangen. In Richtung der Sonne kann man die Gravitation ausnutzen und kommt schneller voran. Weg von der Sonne ist mehr Energie nötig, so dass man zwei Schritte zum nächsten Planeten benötigt.
  • Zwei Planetenaktionen: Auf einem Planeten darf man Güter aus Containern ausladen oder leere Container neu beladen. Dazu werden alle Güterkarten mit identischem Zielplaneten auf die Containerkarte gelegt. Nach Ankunft auf dem nachfragenden Planeten winken zwei oder drei Einheiten der Währung Megagalax pro abgelieferter Karte als Siegpunkte. Ebenfalls als Planetenaktion gilt der Ausbau von Technologie. Eine entsprechende Handkarte wird gegen Bezahlung mit Megagalax ausgelegt. Von nun an besitzt man etwa zusätzliche Container, eine höhere Reichweite beim Flug oder kann besondere Fähigkeiten nutzen.
  • Zwei Interventionen: Kartenaktionen können den Tausch von Ladungen mit dem Gegner, oder gar einen Positionstausch mit dem gegnerischen Raumschiff verlangen. Zusätzliche Flugbewegungen oder der Transport von Passagieren für zusätzliche Siegpunkte sind möglich. Aber Achtung: Mit Ausnahme der Passagierkarten können alle anderen Aktionen durch den Gegner neutralisiert werden, wenn er dieselbe Karte als Reaktion abwirft.

Diese fünf Aktionsmöglichkeiten während des eigenen Zuges können in beliebiger Reihenfolge durchgeführt werden. Sobald ein Spieler das Ende der Siegpunktleiste bei 70 Megagalax erreicht hat, ist ihm der Sieg sicher.

Beim Auspacken des Spiels glänzen sicher die Augen der Science Fiction Fans. Der Aufbau des Planetensystems verspricht ein stimmiges Weltraumerlebnis. Die Zeichnungen auf den Karten sind abwechslungsreich und unterstreichen die Spielatmosphäre. Als schönes Regeldetail ist die Bewegungsregel unter Berücksichtigung der Gravitation zu nennen. Hin zur Sonne verhilft die Gravitation zu schnellerer Bewegung, auf dem Flug zu den äußeren Planeten ist mehr Energie aufzubringen. Nicht berücksichtigt wird bei dieser Abstrahierung die Bremsung. Bemerkenswert: Das Grundthema ist regelrecht pazifistisch. Es gibt keinerlei Weltraumschlachten, sondern lediglich friedlichen Handel.

Bevor der erste Flug starten kann, sind jedoch die Spielregeln zu bewältigen. Eigentlich ist der Ablauf eines Zuges ganz einfach: In beliebiger Reihenfolge einmal fliegen, je zwei Mal Planetenaktion und Intervention. Dies kann zu Beginn aber etwas verwirrend sein. So können Handkarten als Planetenaktion, aber auch als Intervention eingesetzt werden. Die Unterscheidung dieser Begriffe muss man sich erstmal einprägen. Der Begriff „Intervention“ für eine Kartenaktion erscheint sperrig. Die einzelnen Karten müssen zunächst studiert und verstanden werden. Die ersten Zügen können daher etwas zäh verlaufen. Bald jedoch nimmt das Spiel an Fahrt auf und vermittelt gut das Gefühl des Wettrennens um die besten Erträge.

Zentrale Elemente sind die geschickte Ausnutzung der eigenen Handkarten und die Optimierung der Transportwege. Letzteres führt freilich zur Konkurrenz mit dem Gegner. So gibt es immer wieder einen Wettlauf um das Aufladen lukrativer Frachten mit mehreren Karten desselben Zielplaneten. Eine wichtige Entscheidung betrifft den Einsatz von Technologien. Diese sind mit Siegpunkten zu zahlen – der Preis bestimmt sich aus der Anzahl bereits vorhandener eigener Technologien. Ferner wendet man eine Planetenaktion auf. Mehr als zwei oder drei Technologien lohnen sich daher selten. Deshalb ist eine gezielte Auswahl umso wichtiger. Viele Kombinationen an Technologien und auch Interventionen sind hier möglich – und so kann jede Partie anders verlaufen und unterschiedliche Schwerpunkte setzen!

Nichts ausrichten kann man gegen Pech beim Kartenziehen. Es passiert bisweilen, dass man lange Zeit nur wenige Technologie-Karten erhält. Oder es kommen nur Passagiere „an Bord“, deren Zielplanet nicht in den Flugplan passt. Und wo wir schon beim Glückselement sind: Freilich kann auch der Würfel zur Bestimmung der Flugreichweite einen tüchtigen Strich durch die Rechnung machen! Als interessantes Ausgleichselement ist die Zusatzregel für die 1 zu nennen: Wer eine 1 würfelt, darf erneut würfeln und alle geworfenen Augen aufaddieren. Abschließend ist zum Thema Glück noch die Neutralisierung gegnerischer Interventionen zu nennen. Hat der Gegner ausgerechnet die Karte, die meine Aktion verhindert? Das Glück kann somit an mehreren Stellen zugleich zuschlagen und die Partie signifikant beeinflussen.

Die gelungene thematische Einbettung und die hohe Kombinationsmöglichkeit der Karten garantieren einen hohen Spielreiz über viele Partien hinweg. Einen Dämpfer hingegen bildet das Glückselement. Manches Kopf-an-Kopf-Rennen kann hierdurch entschieden werden, und das ist am Ende unbefriedigend. Gewissermaßen lehnt sich Perry Rhodan – Die kosmische Hanse damit an die gleichnamige Roman-Reihe an: Der Fahrplan ist vorgegeben, der Flug hat eine absehbare Länge, die Ereignisse zwischendurch sorgen für ein Auf und Ab der Gefühle – ein Konsum-Spiel, das man gerne in Partien als Episoden für zwischendurch verschlingt.

Kathrin Nos – 06.02.2008

POSTSCRIPTUM:

Bei der Sichtung des Bildmaterials für dieses Postscriptum traf mich die Erkenntnis, weshalb Science Fiction Spiele selten erfolgreich sind: Könnte es sein, dass das eher politisch korrekte, etwas spröde Design typischer Gesellschaftsspiele nicht zum Geschmack der Science Fiction Leserschaft passt? Dazu verglich ich den Titel der dem Perry Rhodan Spiel beiliegenden kostenlosen Leseprobe von „Zielzeit“ mit einer Spielkarte des Spiels:

Bild von Perry Rhodan

Links: Eine typische, aber auch langweilige Raumschiffreisende. Rechts: Perry Rhodan im Raumanzug, zunächst scheint auch diese Szene harmlos, doch folgt man seinem Blick weiter nach rechts, erblickt man die rundlichen Wölbungen einer holden Schönheit mit Wespentaille. Der Click aufs Bild zeigt, dass die Dame in leuchtend Gelb der eigentliche Hingucker ist. Solche Blickfänge gibt es selten auf Spieleschachteln.

Dabei ist die Grafik des Perry Rhodan Spiels ziemlich stimmungsvoll, und zumindest mir als Perry Rhodan Laien wirkt sie dem Ambiente der Serie angemessen. Es gibt sogar ein paar etwas „geschwungenere“ Karten (z.B. die Kartanin, eine Ahnung von ihr gibt es hier unten in der Mitte zu sehen).

Natürlich sind längst nicht alle Science Fiction Bücher mit Covergirls ausgestattet, speziell Perry Rhodan Fans bekommen wohl nur selten welche zu sehen. Bei einer kleinen Webrecherche fanden sich aber schon ein paar schöne Impressionen (alle sind jugendfrei, also darf angstfrei geclickt werden):

Bild von 1 von 3 Raumschiffen
Prädikat
:
1 von 3 Raumschiffen

Science Fiction und Spiele passen durchaus zueinander. Leider ist in Deutschland der Roman Bimbos of the Death Sun von Sharyn McCrumb weitgehend unbekannt: Auf einem Science Fiction Con findet ein Mord statt, den ein anwesender Autor zu lösen versucht. Jeder regelmäßige Essenbesucher wird einiges Bekannte in dem Buch vorfinden.

Peter Nos

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