Sanssouci

Ein prunkvolles Schloss wird nicht an einem Tag gebaut. Und nicht jedes Spiel zündet bei der ersten Partie. Jetzt kann für uns bei Sanssouci – dem Spiel, nicht dem Schloss – nicht die Rede von einer missglückten ersten Partie sein. Doch wie in einem Garten die Pflanzen erst Wurzel fassen und ihre Blüten entwickeln müssen, keimte unsere Zuneigung für das Legespiel von Michael Kiesling langsam.

Was im Spiel passiert, erscheint zunächst recht mechanisch. Wer an der Reihe ist, hat die erschreckend eingeschränkt erscheinende Auswahl aus zwei Handkarten. Diese zeigen entweder eines von neun Gartenbauprojekten oder genau zwei von fünf Farben. Letztere stehen für die Entfernung vom Schloss – je weiter in den Garten hinein, desto punkteträchtiger wird der Bau. Eine ausgespielte Karte erlaubt die Auswahl aus Projekten. In der allgemeinen Auslage liegen sie bereit, und ihr Platz in der Auslage bestimmt, wohin auf dem eigenen Schlosstableau ein Plättchen wandern wird. Einzige Ausnahme: Ein Platz ist bereits belegt – dann darf ein ergattertes Plättchen in derselben Reihe oder Spalte als Gärtner eingesetzt werden.

Bild von Sanssouci

Nach dem Einbau eines neuen Plättchens punktet man: Eine Spielfigur muss entlang einer bereits gebauten Auslage auf ein Plättchen derselben Spalte weiter weg vom Schloss gelangen. Weitere Punkte winken zum SpielEn.de für vollständig belegte Spalten oder Reihen.

Was in der ersten Partie arg vorgegeben erscheint, entpuppt sich mit steigender Erfahrung als breites Feld zur Optimierung. Es gilt, die Augen offen zu halten für geschickte Vorstöße in die Tiefen des Gartens. Wem einmal die Verbindung zur untersten – punkteträchtigsten – Reihe gelingt, kann sich hier in die Breite ausbreiten und seine Figuren lukrativ punkten lassen. Da die Treppen in der zentralen Reihe besonders viel Flexibilität versprechen, werden sie entsprechend begehrt sein und nie lange in der Auslage verweilen.

Da jedes Plättchen in der Auslage gleich einer festen Reihe zugeordnet wird, wird in jeder Partie das Angebot anders aussehen. Wer auf einen Pavillon in einer bestimmten Reihe hofft, wird gar nicht unbedingt ein solches Angebot überhaupt vorfinden – vielleicht gelangen alle im Spiel befindlichen Pavillons ja in dieser Partie in die anderen Reihen?! Da heißt es womöglich umdisponieren und die Lücke über Gärtner schließen.

Auch beim Punkten gilt es genau abzuschätzen, wie das Potenzial ist. Da eine Figur in einer Spalte nur weiter weg vom Schloss punkten darf, sollte man sie womöglich lieber nicht sofort zur punkteträchtigsten, dafür aber am weitesten entfernten Stelle führen. Vielleicht ist es besser, erst einmal in kleinen Schritten, dafür aber mehrmals zu punkten. Wer eine Art „Polster“ an möglichen Bewegungen hat, kann seine Plättchen auch zur Vervollständigung von Spalten oder Reihen verwenden, ohne im Zwang zu stehen, eine Punkte bringende Bewegung ermöglichen zu müssen.

Wir haben Sanssouci in vielen verschiedenen Runden gespielt. Aufmachung und Thema sprechen viele Spieler an – in Vielspielerkreisen kann die Neugierde auch durch den Autor Michael Kiesling ausgelöst werden. Etwas ungewohnt ist die Logik, dass die Position auf dem zentralen Tableau genau determiniert, wohin ein Plättchen gelangt – ebenso wird auch der Gärtner (selbe Spalte oder Reihe wie der ursprünglich bestimmte Platz!) zunächst manches Mal missverstanden. Etwa im ersten Spieldrittel fallen jedoch meist die Groschen.

Dass nicht alle Spieler sich auf dieselben Plättchen stürzen, dafür sorgt ein kleiner Kniff: Jeder erhält zwei Sonderwertungskarten. Diese zeigen je eines der neun Gartenbauprojekte, die jeweils eine Spalte auf dem eigenen Schlosstableau repräsentieren. Diese Spalte wird in der Endwertung für diesen Spieler individuell nochmals gewertet. Es gilt also, die Figur in genau dieser Spalte möglichst weit zu bewegen. Ferner sind auf jedem Schlosstableau ein paar andere Felder bereits vorbelegt. Auch dies sorgt dafür, dass die Wertigkeit von Plättchen im gemeinsamen Angebot für die Spieler leicht unterschiedlich ist. Ein sauberes Spiel-Design!

Und wer bereits erfahrener Schlossgärtner ist, kann seine eigenen Tableaus „aufpimpen“: Mit einer Auflage verändern sich nun die zuvor gleichberechtigten Felder – manche zeigen nun Pluspunkte, die durch Belegung mit dem passenden Plättchen erzielt werden. Und gemeinerweise bringen just in der lukrativsten unteren Reihe zwei Gartenbauprojekte jetzt Minuspunkte ein. Da gilt es abzuwägen, wann es lohnt diese Minuspunkte in Kauf zu nehmen. Freilich mag es frustrieren, wenn man just in der Spalte ein Minusfeld hat, in der die Sonderwertung zählt. Insgesamt gilt auch hier: Durch geschickte, aber dezente zusätzliche Regeln bleibt die Neugier auf weitere Partien ungebrochen.

Insgesamt 18 Karten und damit 18 Gartenplättchen dauert eine Partie. Während ein Spieler seinen Zug durchführt, müssen die anderen warten. Wir befürchteten zunächst, dass hierdurch die Besetzung zu zweit vorzuziehen sei, doch dies bewahrheitete sich nicht. Die Züge sind schnell genug abgewickelt, um keine zähen Wartezeiten aufkommen zu lassen. Wenn mehr Spieler bis zu meinem nächsten Zug agieren, bedeutet das auch: Die Auslage ändert sich stärker, und ich habe mehr Chancen, dass interessante Plättchen in die Auslage gelangen. Natürlich zittere ich mit, wenn direkt nach meinem Zug ein tolles Plättchen kommt – wird es mir jemand anderes vor der Nase wegschnappen?!

In den ersten Partien kann es vorkommen, dass man sich in eine Art Sackgasse spielt. Wenn es nicht gelingt, genügend in die weiter entfernten Gartenregionen vorzudringen, gelangt man nicht in die Reihen mit höheren Punktezahlen. Es gilt, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann man auch mal ein Plättchen noch unerreichbar weiter unten einbaut, um es später zu verbinden. Auch das Mitzählen der verbleibenden Karten ist hilfreich: Gelingt es noch, eine Reihe/Spalte zu vervollständigen?

Bild von 1 von 3 Parks
Prädikat
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1 von 3 Parks

Mit einer mittlerweile deutlich zweistelligen Anzahl an Partien in allen möglichen Besetzungen steht für uns fest: Dieser Garten erschien uns zunächst gleichförmig und ein wenig mühselig zu beackern. Doch Übung hilft, und mittlerweile bringen wir in unseren Partien den Schlossgarten von Sanssouci wieder und wieder zum Blühen und Gedeihen – und freuen uns auf weitere erholsame Ausflüge.

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