Spiel ’08: Freitag

Freitag 24.10.2008, oder vielmehr Samstag früh 01:57 – Den heutigen Abend verbrachten wir offiziell im Namen des Spiels beim Jury Abend. Deswegen fallen die folgenden Notizen schneller als kurz aus. Das gleichnamige Spiel erschien nun übrigens endlich beim Heidelberger Spieleverlag. Hall9000 Leser kennen es noch einem von Gewinnspiel im Jahre 2006. Es soll nun auch Spezialthemen wie „Heidelberger Spiele“ mit Kategorien wie „Anzahl der Counter“, „Gewicht“ und „BGG Ranking“ geben.

Am heutigen Freitag erschien es uns nicht ganz so voll zu sein wie an letztjährigen Messefreitagen. Doch wahrscheinlich täuscht der Schein, denn wenn man die Besuchermassen um den Stand von Lookout berücksichtigt, war die Messe bestimmt so voll wie immer. Unser Tipp: Wer unbedingt noch Agricoladevotionalien braucht, sollte sich möglichst abends, kurz vor Messeschluss anstellen. Nur die „Vegimeeples“ – extra Spielsteine für Weizen und Gemüse – sind bereits ausverkauft. Le Havre wird auf jeden Fall nach der Messe gut erhältlich sein, was auch dem Vertrieb durch die Heidelberger zu verdanken ist.

Als erstes Spiel des Tages stand Die Prinzen von Machu Picchu auf dem Programm. Am Stand aufgebaut befand sich ein englisches Exemplar Princes of … – was dazu führte, dass in der Mitte der Partie ein Mitspieler sichtlich erstaunt fragte, wo denn die Prinzessin sei. Da war ihm wohl ein „s“ zuviel in den Titel gerutscht.

Der Plan ist unterteilt in Aktionsfelder. Die Spieler bewegen sich mit einer Figur von Feld zu Feld und führen jeweils eine Aktion aus. Das erinnert an die Aktionsrondelle von Antike, Imperial und Hamburgum. Der Plan lässt jedoch flexiblere, da verzweigte Wege zu. Mit den gesammelten Rohstoffen werden Inkas für bessere Rohstoffeinnahmen eingesetzt, Priester gekauft, oder mit bestehenden Priestern Opfer dargebracht (zartbesaiteten Spielern sei versichert, dass lediglich Lamas geopfert werden – die jedoch muss man als Rohstoff erstmal herbeischaffen). Das Spielende kann auf zwei Arten herbeigeführt werden. Entweder es werden alle Priester „gekauft“ (also mit Rohstoffen bezahlt), dann punkten lediglich die während des Spiels gesammelten Punktekarten. Diese werden für jeweils zwei Sorten bestehender Inkas und Priester gewertet, was zu einer Spezialisierung führt. Oder das Spiel endet nach einer festgelegten Rundenzahl, wobei in diesem Fall die Goldwerte auf den Punktekarten eine zusätzliche Rolle spielen. Das ist ein reizvoller Mechanismus, da sich zwei Parteien herausbilden werden und auf diese unterschiedlichen Spielenden hinarbeiten. Der Spielfluss selbst erinnert insofern an die genannten Rondellspiele, als dass selbst im Spiel zu fünft jeder einzelne Zug so kurz ist, dass keine langen Wartezeiten entstehen – ansonsten ergibt sich ein ganz neues Spielgefühl. Von den bisher getesteten Spielen gehört Die Prinzen von Machu Picchu zu den interessantesten.


Auch die Hall9000 Tasse wagte sich unter unsere kritischen Testeraugen. Dabei scheint mir die Spielregel noch nicht fertig geschrieben zu sein, und Spielerinteraktion lässt auch zu wünschen übrig. Immerhin ist ein Großgruppenspiel möglich. Allerdings muß dafür jeder Mitspieler eine komplette Tasse kaufen. Ein günstiges Service-Erweiterungsset wäre noch kundenfreundlicher gewesen. Überhaupt: Erstatzteile bei verlorenem Spielmaterial werden nicht geliefert und die Tasse wird ohne zum Spiel notwendige Füllung geliefert. Die Qualität und das Design sind aber glatte 6 Punkte (natürlich auf der Skala von Hall9000) wert und meine Meinung ist somit: Ein Tasse, aus der man gerne wieder trinken mag!

Das wohl auffälligste Spiel der Messe ist Planet Steam von Ludoart. Obwohl es 60€ kostet, scheinen sich die 500 Exemplare wie warme Siedlervarianten zu verkaufen. Während unserer Testpartie wanderten die letzten Exemplare am AllGames4You Stand über die  Ladentheke. Bei Ludoart gibt es aber noch einige Spiele. Unser M.U.L.E. Experte Stefan M. erkannte sogleich den Ursprung des Spieles und dem Autor blieb nichts weiter übrig als dies zu bestätigen. Meine letzte Partie M.U.L.E ist leider etwa 25 Jahre her, doch gleich wurde ich etwas wehmütig. Vorweg: Die Umsetzung ist gelungen! Planet Steam ist ein lupenreines Wirtschaftsspiel, das erarbeitet sein will. Zwei bis drei Stunden sollte man sich nehmen. In diesen errichten die Spieler Fabriken, produzieren Güter, kaufen und verkaufen diese und lassen die Preise schwanken. Mein erster Eindruck: Schön, schwer, spannend aber auch etwas trocken zu spielen. Kurz: Ein Profiwirtschaftsspiel.

Nachdem wir gestern bei Japon Brand zu Besuch waren, spielten wir heute ein weiteres japanisches Spiel. Zwar waren nur Prototypen vorhanden, doch der Stand und die Aufmachung des Spiels hatten uns so neugierig gemacht, dass wir gerne die Gelegenheit zu einer Probepartie nutzten, als mal ein Tisch frei war. Das Spiel Chefs‘ Dinner Party dreht sich rund ums Essen. Jeder Spieler versucht, sich möglichst gesund zu ernähren (Stichwort: Ernährungspyramide mit viel Getreide, weniger Fleisch und Fisch und etwas Milchprodukten und Obst). Reihum ist jeder mal der „Chef Chief“, der das Essen verteilt. Dazu lehnt er sich zurück und lässt die anderen „kochen“. Zur Verfügung stehen zufällig gezogene Komponenten der verschiedenen Sparten Getreide, Fleisch, Obst, etc. Stilvoll geschöpft wird mit einem Kochlöffel aus einer Kochmütze. Mal ehrlich: Alleine das stimmungsvolle Material hat einen dicken Pluspunkt verdient!

Jeder Spieler hat zu Beginn jeder Runde fünf Rezepte auf der Hand. Reihum wählen die Spieler jeweils ein Rezept aus und legen die erforderlichen Zutaten aus dem geschöpften Vorrat gemeinsam mit dem Rezept auf ein Rondell mit acht Feldern. Solange Zutaten da sind und die Spieler passende Rezepte „kochen“ können oder wollen, werden diese Felder belegt. Der Clou: Sobald alle gepasst haben, dreht der „Chef Chief“ das Rondell so, dass vor jedem zwei Felder liegen. Was nun vor einem liegt, muss gegessen werden. Auch wenn man schon zu viele Milchprodukte intus hatte – alles zu viel Gegessene bringt Minuspunkte. Wer nicht genügend erhalten hat – also etwa zu wenig Getreide erwischt hat – muss ebenfalls Minuspunkte in Kauf nehmen. Das lässt Spielraum für taktische Überlegungen: Lege ich ein Rezept aus, das meinem rechten Nachbarn schaden würde, kann ich beim nächsten Mal auf der mir hoffentlich zugedrehten Seite etwas auslegen, das mir passen würde. Nur muss dann der beim Kochen passive Spieler auch richtig entscheiden … Insgesamt ist dieses Spiel zwar deutlich dem Fun-Sektor zuzuordnen, doch im Gesamtpaket war es eine schöne Spielerfahrung mit japanischem Flair. Allerdings habe ich definitiv ein Defizit in japanischer Küche – vielleicht sollten wir daheim mal wieder japanisch essen gehen …?!


Den Messetag beendeten wir mit einem spontanen Test des Spiels Satyr Arpop Tür Ropos, nein – Satal Aripa Sanktu Rotus…. Sorry, jetzt habe ichs: Sator Arepo Tenet Opera Rotas von Scribabs. Der Name ist Programm. Denn im Spiel soll man mit Magiern Bücher einsammeln, indem man Brücken und Stege über einen Abgrund schweben läßt. Die Wege können rotieren und translatieren. Vielleicht lag es an der Erschöpfung nach einem langen Messetag aber um ehrlich zu sein: Der Ersteindruck des Spiels war nicht gut! Denn es lädt nicht nur zum Grübeln ein, ein erfolgreiches Agieren erfordert genaues durchrechnen aller 1243563945 hoch irgendwas Zugmöglichkeiten. Wenn dies auch die Mitspieler machen, durchkreuzen sie natürlich jeden Plan. Vorausdenken ist dabei unmöglich und schlussendlich entscheidet das Glück beim Kartenziehen. Denn nur mit den richtigen Karten kann man überhaupt was bewegen. Immerhin war auch dieses Spiel hübsch anzusehen.

Bei der Fairplay Scout Aktion tummeln sich momentan Spiele wie Dominion, Die Prinzen von Machu Picchu und Comuni auf den ersten Plätzen. Aussagekräftige Ergebnisse werden aber erst gegen Samstag abend erwartet.

Für Spieler wohl uninteressant, für Wortfreunde aber steter Quell der Freude ist das wöchentlich in der SZ erscheinende Gemischte Doppel, die es nun auch als Memo-Spiel Metermorphosen gibt. Spielen will man dies zwar nicht. Spaß machen die Wort-Bild-Schöpfungen aber allemal.

4 Kommentare

  1. Schöner Rezi. Planet Steam zeigt den Tendenz Tischrände zu überspringen, sieht so aus. Im Chef Koch, sind das japanischen Gerichten die vorkommen. Gäbe dass uns einen Vorteil?

    Deinen Artikel im RNZ ist sehr schön. Ich mußte laut lachen als ich von einem Horn Met für die Abrundung von Einkauf beim Mittelaltermarkt.

    Grüße auch von Schrödi und Nicki,

    -Michael

  2. Hallo Peter und Kahrin,
    ab jetzt bin ich völlig auf eure Tagesberichte angewiesen, also immer so gut, lustig und schön ausführlich weiterschreiben! (Am liebsten würde ich gleich wieder zurück nach Essen fahren :-). Michael, Stefan hat ein plante steam gekauft, insofern kommen wir auch noch in den Genuss!
    Viele Grüße, auch an Tilo und Stefan.
    MtU

  3. Hallo Michael & Michael,

    danke an M.S. für die Katergrüße 🙂 Ja, beim japanischen Spiel geht es auch um japanische Gerichte. Einen Vorteil hättet ihr aber vermutlich nicht, denn die Nahrungsbestandteile in Form von Würfeln sind auf jedem Gericht abgebildet. Besonders hübsch ist übrigens folgende Übersetzung von japanisch nach englisch: Salad of bowls. Deine Rollenspielbücher haben wir leider nicht bekommen 🙁

    Danke an MtU fürs Feedback und natürlich auch fürs Spieletransportieren. Wir freuen uns schon darauf, etliche davon mit euch zu spielen.

    Alles Gute von
    Kathrin und Peter.

  4. Hallo,

    ich glaube, während andere ihren Keller ausbauen müssen, muss ich wohl meinen Tisch verlängern 😉

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