Erstveröffentlichung am 03.02.2008 bei Hall9000.
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Viele Wege führen nach Rom – so auch bei Tribun. Unter sechs verschiedenen Siegbedingungen gilt es je nach gemeinsam gewählter Aufgabe eine bestimmte Anzahl zu erfüllen.

Rund um sieben Fraktionen Roms dreht sich das Geschehen bei Tribun: Die Gladiatoren, Legaten oder Prätorianer, Plebejer oder Patrizier sowie die Vestalinnen oder Senatoren gilt es zu beeinflussen. Um die Kontrolle über eine dieser Fraktionen zu übernehmen, müssen deren Karten ausgespielt werden.

Zunächst muss man sich die passenden Karten beschaffen. Hierzu kommen in jeder Runde je nach Spielerzahl drei bis fünf Figuren pro Spieler auf den Plan. Reihum werden die Figuren eingesetzt. Auf dem Spielplan gibt es gegen Sesterzen einige offen liegende Karten für einen Festpreis zu kaufen. Wer sich auf ein solches Einkaufsfeld setzt, erhält die entsprechende Karte in der auf das Einsetzen folgenden Auswertung garantiert. Andere Felder erfordern den Tausch gegen eine andere Karte oder ein Bieten darum gegen andere Spieler.

Den Anspruch auf Übernahme einer Fraktion muss man ebenfalls während der Einsetzrunde mit einer Figur anmelden. Nachdem alle Figuren eingebracht wurden, kommt es zur Auswertung. Nachdem zuerst die beanspruchten Karten verteilt wurden, wendet man sich schließlich den Fraktionen zu. Durch eine geeignete Kartenauslage bringt man deren Kontrolle an sich. Diese Übernahme zahlt sich außerdem in einem gruppenabhängigen Bonus aus. Für die erste Übernahme einer Fraktion reicht die Auslage zweier passender Karten – später müssen entweder mehr Karten oder solche mit höherer Gesamtpunktzahl als die bisherige Auslage ausgespielt werden. Grundregel: Eine eigene Kartenauslage über eine kontrollierte Gruppe kann man nie nachträglich verstärken! Nach diesen letzten Auswertungen erhält jeder Fraktionsführer einen Bonus durch die aktuell kontrollierten Gruppen.

Doch wozu das Ganze? Unter sechs möglichen Siegbedingungen sind spielerzahl- und szenarioabhängig drei bis fünf – zu zweit sogar mitunter alle sechs – zu erfüllen. Vor Spielbeginn einigt man sich auf das Szenario, das die Anzahl und Ausprägung der Siegbedingungen, und damit grob die Spiellänge, vorgibt. Auch die verpflichtende Erfüllung einzelner Siegbedingungen kann verlangt sein. Wenn in einer Runde mehrere Spieler die erforderliche Anzahl an Bedingungen erlangen, gibt es eine Punktewertung für alle erreichten Komponenten.

Fraktionsmarker: Wer je die Kontrolle über eine bestimmte Fraktion innehatte, erhält einen Fraktionsmarker. Eine vorgegebene Anzahl ist zu erreichen. Zum Glück behält man diese Marker selbst nach Verlust einer Fraktion.
Sesterzen: Die römische Währung kann man auf verschiedenen Feldern sammeln. Jederzeit und vor allem beliebig oft verfügbar ist hierfür die Münzschale.
Legionen: Der Bonus durch den Besitz der Legaten und Prätorianer schüttet Legionen aus. Der Übernahmebonus der Gladiatoren führt einem ebenfalls eine Legion zu.
Lorbeeren: Neben den Boni bei der Übernahme oder den Fraktionsfähigkeiten verschiedener Gruppen kann man Lorbeeren auch in der Einsetzrunde bei der Siegessäule beanspruchen. Wer hierher setzt, muss für einen Lorbeer zum Zeitpunkt der Auswertung ein Kartenpaar abgeben.
Gunst der Götter: Nur durch den Fraktionsbonus oder mit Hilfe des Fraktionsmarkers der Vestalinnen kann man die Gunst der Götter erlangen.
Tribun: Zunächst muss man etwa als Bonus der Legaten oder Senatoren die Schriftrolle erlangen. Mit dieser kann man zum Tribun ernannt werden, wenn man entweder die Plebejer und die Patrizier oder die Vestalinnen und die Senatoren zugleich kontrolliert

Viele Wege führen nach Rom … ups, das hatte ich schon in der Einleitung verbraten. Wer sich die nur überblicksmäßige Beschreibung durchgelesen hat, konnte bereits einen Eindruck der vielen Komponenten erhalten, aus denen sich Tribun als komplexes Mosaik zusammensetzt. Viele Einzelheiten wurden oben gar nicht weiter erwähnt. Trotzdem sollte der Einstieg keine übermäßigen Probleme bereiten, und bereits nach der ersten kompletten Runde ist der generelle Spielablauf meist klar.

Nicht jeder kann auf dem Weg zur ersten Partie Tribun auf das Medium der mündlichen Überlieferung zurückgreifen. Dann muss man den mühseligeren Pfad der Einarbeitung durch Lektüre der Spielregel einschlagen. Als Ausgleich für diese Mühe erhält man unterwegs viele lesenswerte Zusatzinfos zum Alten Rom. Bemerkenswert ist dabei die Erläuterung der historischen Korrektheit im Zusammenhang mit einigen Elementen des Spielplans, der Orte und Personen.

Die Auswahl des Szenarios wird erleichtert durch eine Einordnung der erwarteten Spiellänge. Die Schwierigkeitsstufe wird dabei über die Anzahl der Siegbedingungen oder auch über die Schwierigkeit in den einzelnen Sparten gesteuert. Vier der Bedingungen können durch die erforderliche Menge variiert werden. Nur die Siegbedingungen „Tribun“ und „Gunst der Götter“ sind immer gleich schwer – oder im Vergleich auch mal leicht. Gerade der Schwierigkeitsgrad für den Tribun ist spielerzahlabhängig, da es um die gleichzeitige Kontrolle zweier bestimmter Fraktionen geht. Sucht man sich ein Szenario mit der Pflicht zum Tribun aus, so kann sich die einzige Konstellation ergeben, in der sich die Partie durch den ständigen Kampf um genau diese Fraktionen unangenehm lang hinziehen kann. In allen anderen Fällen ist man meist erstaunt, wie schnell das Spiel vorübergeht.

Ein Ziel mit mehr Siegbedingungen erlaubt es, breit gestreut zu sammeln. Dabei ist man flexibler, weil eigentlich alles nützlich ist. Spezialisierter geht es zu, wenn nur wenige Siegbedingungen benötigt werden, dafür aber mit höherer Anforderung. Da muss man sich schon für die richtigen Schwerpunkte entscheiden. Die vorhandenen Ressourcen – Karten, Figuren und Sesterzen – erfordern einen noch gezielteren Einsatz. Ein hoher Spielreiz bleibt damit durch diese variablen Anforderungen über viele Partien hinweg erhalten.

Auch während der einzelnen Züge ist Tribun durchweg spannend: Kann ich die zur Übernahme benötigten Karten rechtzeitig sammeln? Wer sammelt gleichzeitig Karten für dieselbe Fraktion? Lieber erst die stets begehrte Latrine besetzen und vielleicht bei der Auswertung eine lukrative Karten vorfinden? Oder besser möglichst früh den Anspruch auf eine Fraktion anmelden? Wenn man hier als Zweiter einsetzt, muss man nicht nur als Erster die Hosen runterlassen und mit der Kartenauslage in Vorlage treten. Wird man dann überboten, steht man danach nicht nur ohne Fraktionskontrolle da, sondern verliert auch noch eine Karte. Da nur beim Geldnachschub alle zum Zug kommen können, muss man sich das Vorgehen während der Einsetzphase genau überlegen. Das Spielgeschehen wird hierdurch kurzweilig und abwechslungsreich.

Ein ordentliches Glückselement durch die zufällige Kartenauslage ist nicht zu verleugnen. Manche Strategie muss an die verfügbaren Karten angepasst werden. Da immer einige verdeckte Karten zur Verfügung stehen, kann man auch mal ein Risiko eingehen und so hoffen, doch noch benötigte Fraktionskarten zu erhalten. Ständig muss man die eigene Zielsetzung überdenken und sich flexibel auf andere Schwerpunkte verlegen können. Hier das richtige Maß zu halten ist der Schlüssel zum Erfolg. Der Glücksfaktor ist dabei akzeptabel, kann aber gelegentlich doch den schönsten Plan durchkreuzen.

Welchen der vielen Wege man während einer Partie Tribun auch geht, in den weitaus meisten Fällen wird man nach Spielende feststellen, dass man sich bald wieder auf die Reise ins Alte Rom begeben möchte.

Kathrin Nos – 03.02.2008

POSTSCRIPTUM:

Bild von Tribun

Tribun hat einen angenehmen Nachteil: Es ist etwas zu kurz geraten. Selbst in voller Besetzung bei höchstem Schwierigkeitsgrad kann es passieren, dass nicht einmal jeder Startspieler wird, bevor schon ein Sieger gekrönt wurde. Die Erweiterung füllt diese Lücke, und eine Partie Tribun dauert nun etwas länger. Dies liegt nicht nur an der verlängerten Auswertung. Wir begnügten uns bisher mit der kanonischen Erweiterung ohne extra Brutierspieler. Dabei erfüllte sie genau, was sie verspricht: Das Spiel wird nicht besser oder schlechter, es dauert nur länger, und es gibt von allem mehr.

Anfang diesen Jahres verbrachten wir einige Tage in Rom und erkannten: Rom ist eine überaus ruhige, etwas verregnete Stadt mit nicht allzuviel Verkehr und überaus freundlichen Autofahrern. Nur wenige Touristen verirren sich in diese historische Stadt. Die Hotels und Restaurants sind gut und preiswert, und wegen der frostigen Temperaturen schmilzt das Speiseeis auch nicht zu schnell.

Bild von 1 von 3 Kaisern
Prädikat
:
1 von 3 Kaisern

Der kulturbegeisterte Besucher sollte sich aber warm anziehen. Schal, Handschuhe, Mütze, lange Unterhose, Wollpullover und Regenschirm gehören zur Pflichtaustattung bei einer Besichtigung des Forum Romanum. Doch Achtung: Nach zweitausend Jahren der Barbarei ist blieb nicht viel stehen von den ehemaligen Prachtbauten. Nach Spielen wie Tribun erwarteten wir besser erhaltene Denkmäler. Lohnender ist ein Besuch der ungeheizten Museen auf dem Kapitol.

Peter Nos

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