Erstveröffentlichung im Juli 2007 in Fairplay Nr. 80.
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COLORETTO + Zoo Tycoon = ?

Live-Ausschnitt aus einer Familienrunde mit ZOOLORETTO:

Spielerin A: „Beginnen wir die nächste Runde. Umbauen möchte ich meinen Zoo jetzt nicht, also ziehe ich nach: Ein Flami-Männchen! Der kommt auf diesen Wagen hier!“

Spieler B: „Ich habe einen Schimpi gezogen – den lege ich aber auf einen anderen Wagen.“

Spielerin C: „Den Flami-Papi hättest du wohl gerne, der würde dann mit deiner Flami-Mami ein Flami-Baby kriegen. Die wartet in deinem Gehege nur darauf. Deshalb lege ich dir diesen Eli dazu, den du nicht brauchen kannst.“

Spielerin A: „Na gut, dann ziehe ich nach: Eine Eisbude. Die lege ich zum Flami und zum Eli.“

Spieler B: „Hihi, du willst dir das Angebot wohl noch verschönern. Nichts da: Elis suche ich sowieso, und der Flami-Boy kommt in meinen Stall. Dort kannst du ihn mir ja abkaufen. Ich nehme diesen Lastwagen.“
Spielerin C: „Und ich erweitere jetzt meinen Zoo für drei Geldstücke.“

Ganz klar: ZOOLORETTO hat genügend süße Tiere, um junge Mitspieler zu begeistern. Die Euphorie über Flamingos, Schimpansen, Elefanten und weitere Tiere kann nur getoppt werden, wenn sich Nachwuchs einstellt. Ein kurzer Blick in die Spieleschachtel genügt, und selbst computerverwöhnte Spielemuffel können an den Spieletisch gelockt werden. Hinsichtlich Familien-, besonders Kindertauglichkeit, hat ZOOLORETTO also einiges zu bieten.

Dabei ist es in der Essenz „nur“ die Weiterentwicklung des COLORETTO-Prinzips (rezensiert in FP 63): Entweder eine der Auslagen durch ein zufällig gezogenes Angebot erweitern, oder eine Auslage auswählen. Nur keine zu attraktive Vorlage für die Mitspieler machen! Dieser spannende Konflikt wurde 2003 mit dem FAIRPLAY à la Carte-Preis belohnt.

Gab es bei COLORETTO nur ein – eigentlich überflüssiges – Chamäleon, so tummeln sich bei ZOOLORETTO allerlei andere Tierchen. Drei Gehege kann man mit je einer Tierart füllen. Nach dem Spielende wird abgerechnet: Volle oder fast volle Gehege bringen viele oder fast viele Siegpunkte ein. Tiere, die nicht mehr in ein Gehege passen, müssen in den Stall und bringen Minuspunkte. Neben den Gehegen ist Platz für Verkaufsstände, die je zwei Siegpunkten pro vorhandener Sorte einbringen. Außerdem sorgen sie dafür, dass zu kleine Tierherden doch noch ein paar Siegpunkte bringen.
Manche Tiere sind fruchtbare Männchen oder Weibchen, alle anderen sind Wallache. Und wenn Flami-Papi zu Flami-Mami in ein Gehege kommt, kriegen die beiden vor lauter Freude und ganz ohne zu brüten sofort ein Flami-Baby. Blöd nur, wenn das Gehege schon mit Papi voll war. Dann kommt Junior in den Stall.
Während bei COLORETTO möglichst viele Karten in idealerweise genau drei Farben gesammelt wurden, ist bei ZOOLORETTO in den Gehegen eine Zielgröße der Sammlung zu erfüllen. Dieser Unterschied sorgt bereits für ein neues Spielgefühl. Zweiter Unterschied: Geld. Schnöder Mammon. Denn Zaster ist dringend nötig, um Umbaumaßnahmen zu finanzieren: Dazu zählt der Kauf von Tieren aus fremden Ställen, die Umstrukturierung von Gehegen oder die Erweiterung des Zoos. Im obigen Beispiel vertauscht man vielleicht einen Single-Leo mit der Flami-Fami(…lie). Wer noch genügend Kohle hat, betreibt danach Familienzusammenführung und setzt für weiteres Geld das Baby-Plättchen aus dem Stall in das größere Gehege. Wer richtig viel investieren kann, kauft sich ein viertes Gehege für mehr Tiere und mehr Siegpunkte. Geldnachschub gibt es durch das Füllen von Gehegen und Plättchen in der Auslage.
Das Zoo-Thema wurde nun wohl eindrücklich genug illustriert. Doch wie verhält es sich mit dem COLORETTO-Gefühl? Der Konflikt „Aufdecken oder eine Auslage nehmen“ ist nahezu derselbe. Taktisch gibt es Zuwachs (kleine Taktis?? Ähem, sorry, hab wohl zu viele Familienrunden ZOOLORETTO hinter mir): Durch die Umbauten kann man die nächste Entscheidung für Aufdecken oder Auslage hinauszögern. Auch das Spielende kann gezielter gesteuert werden, da man präziser sieht, wann die letzte Runde anbricht. Letztlich ist aber die Entscheidung zu treffen: Abstrakt oder Thema? Wem die Antwort darauf schnurz ist, kann bei COLORETTO bleiben. Besser wurde der Mechanismus bis jetzt nicht auf den Punkt gebracht. Wer sich an einem Thema erfreuen möchte, erhält mit ZOOLORETTO eine ordentliche, in punkto Material aber auch preislich aufgepeppte Alternative.

Kathrin Nos

POSTSCRIPTUM:
Zooloretto

Gerne würde ich jetzt ein zweites Fazit schreiben mit einem flammendem Plädoyer, in dem dezidiert und elaboriert erläutert wird, dass Zooloretto ganz anders, besser, schlechter oder wie auch immer ist. Leider muß ich mich aber Kathrins Urteil anschliessen: Auch ich finde Zooloretto nett, aber nicht gut. Aquaretto ist sicherlich etwas besser, wenn ich die Wahl habe, werde ich jedoch immer ein originales Coloretto bevorzugen.

Leider haben wir fast immer einen ähnlichen Eindruck zu einem Spiel und unsere Meinungen differieren nur in Details. Natürlich gibt es Ausnahmen. Nur werden diese Spiele garantiert nicht häufig genug gespielt, um sie mit einer Kritik würdigen zu können. Die Kaufleute von Amsterdam waren so ein Beispiel. Na gut, allein das Spielmaterial verbot bei diesem Spiel eine längere Testserie, da die Versteigerungsuhr viel zu schnell ihren Geist aufgab.

Im übrigen ist die obige Rezension etwas ganz Besonderes: Es gab persönliches Leserfeedback. Leider bekommt man dies viel zu selten, und so freuen wir uns über Rückmeldungen jeder Art. Wenn Sie also nun das dringende Bedürfnis verspüren, auch einen Kommentar abzugeben, so findet sich unter diesem Text ein schöner Kasten dafür. Zum Beispiel könnten Sie schreiben: „Ich finde den Text doof, denn er ist ja total infantil!“ – Dies war nämlich im übertragenen Sinne die Meinung, die Kathrin auf die Zoolorettokritik bekam. Damit hat der Leser natürlich Recht gehabt. Ich gebe aber hiermit mein Ehrenwort – ich wiederhole: Mein Ehrenwörtchen: „Die obigen Szenen haben sich exakt so zugetragen und wir hatten Spaß dabei!“

1 von 3 Elis

Prädikat
: 1 von 3 Elis

Ferner enthält Fairplay 80 vier anonyme Veröffentlichungen von mir: Ich war auf der anderen Seite des Fotos. Zum Beispiel die Aufnahme der Flamis stammen, genauso wie unser erstes SpielEn.de Banner, aus unserem Namibia Urlaub. Auf Anfrage schicke ich gerne einen Link auf unser privates Picasa Album.

Peter Nos

Ein Kommentar

  1. Wenn man nur mit Erwachsis spielt, die sich wie Kindis verhalten, dann kommt halt das ganz oben Erwähnte bei heraus 🙂

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