Kopf an Kopf

Heute habe ich eine wichtige Bitte an Sie: Wenn auch Ihnen etwas am Kulturgut Spiel gelegen ist, sollten Sie in Zukunft bei allen Gesprächen über pfiffige Handy-Ideen nicht mehr über I-,You-, oder He/She/It-Phones schwadronieren, sondern auf Kopf an Kopf hinweisen. Dessen Autor Chris Handy hat immerhin einen der lustigsten Namen, die mir in der letzten Zeit untergekommen sind. Bevor nun irgendwer zu nörgeln beginnt, von wegen „Handy“ sei Denglisch der übelsten Sorte und wenn schon Englisch, müsse „Cellular“ oder „Mobile“ gesagt werden: Ich finde Handy eine der coolsten Wortschöpfungen der letzten Jahre, auch wenn sich alle Bastian Sicks dieser Welt auf den Kopf stellen und mit den Füßen wackeln würden.

Bild von Kopf an Kopf

Wenn wir schon beim Kopfstand mit Wackelfüßen sind, ich finde auch „Kopf an Kopf“ eines der coolsten Pferdchenwettrennspiele der letzten Jahre. Auch wenn sich alle Spieleprofis auf den Kopf stellen und ihrerseits mit den Füßen wackeln, ich bleibe dabei. Es ist vielleicht nicht so genial wie „Royal Turf“ oder so schlank wie „Favoriten“ oder so originell wie „Eselsrennen“, dafür ist es ohne Probleme erhältlich und erfrischend locker spielbar.

Die Regeln von Kopf an Kopf sind denkbar einfach. Es werden zwei Würfel geworfen, einer bestimmt das voranzuziehende Pferdchen und der andere dessen Zugweite. Dann darf entweder eine Aktionskarte gespielt oder 5€ gewettet oder ein Pferd gekauft werden. Zum Abschluß gibt es noch eine neue Aktionskarte für die Hand.

Eigene Pferde haben eine höhere Zugwahrscheinlichkeit. Gehört mir zum Beispiel das Pferdchen Nummer drei, so darf ich es auch bei einem eigenen Wurf einer 2, 4 oder 6 zusammen mit dem Pferdchen 2, 4 oder 6 voranziehen. Zudem hat jedes Pferdchen eine Spezialfähigkeit. Das Pferdchen 3 bringt etwa 5€ wenn 3 andere Pferdchen mit ihm gleichauf sind. Natürlich gibt es eine Siegprämie für das erste, zweite und dritte Pferdchen im Ziel. Dann ist das Spiel auch zu Ende, und wer nach Auszahlen der Wetten der Reichste ist, gewinnt.

Soweit klingt Kopf an Kopf nicht sehr spielenswert. Erschwerend sind die Materialqualität etwas bescheiden, die Aktionskarten reichlich unausgewogen und das Design ziemlich häßlich braun. (Einschub: Liebe Grafiker, dunkelbraun ist keine schöne Farbe für Gesellschaftsspiele. Kombiniert mit Ocker und Umbra wird zwar eine schwermütige Herbstmelancholie gefördert, den Spielspaß erhöhen solche Farben aber selten! – Sorry, das musste mal gesagt werden! Wenn ich mir die Neuerscheinungen der letzen Monate so ansehe, kann der Eindruck entstehen, dass Brauntöne momentan auf dem Weltfarbmakt günstig gehandelt wird. Ich hätte gern mal ein rosafarbenes Strategiespiel, wie wäre es mit Barbie & Co?)

Dass Glück und Zufall bei Kopf und Kopf das Sagen haben, ist von Anfang an klar, so dass sogleich locker und flott losgewürfelt wird. Da geht ein Pferd zwar schnell in Führung, ein paar Aktionskarten bremsen es aber gleich wieder aus. Auch mit fünf und mehr Spieler bleibt das gefühlte Spieltempo hoch. Es wird mitgefiebert, und die Pferde werden angefeuert. Über die gesamte Spieldauer fühlen sich die Spieler wie auf einer echten Rennbahn. Ein klein wenig Einfluss gibt es dabei schon. Das knappe Geld gilt es mit Gefühl einzusetzen, da es nur wenige Auszahlungen gibt. Die meisten unüberlegten Wetten und Käufe sind nur verschwendetes Geld. Es lohnt durchaus ein paar Erwartungswerte zu überschlagen und eher defensiv zu wetten. Auch die erstmal beliebig wahllos wirkenden Aktionskarten lassen sich mit etwas Spielerfahrung taktisch nutzen. Spannungsfördernd ist auch die Regel, dass immer nur eine Karte gespielt oder eine Wette von genau 5€ platziert oder ein Pferd gekauft werden darf. Dabei ist das Geld ungemein knapp. Gezielte Käufe oder höhere Wetten müssen damit länger vorgeplant werden.

Bild von 1 von 3 Galopppferdchen
Prädikat
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1 von 3 Galopppferdchen

Kopf and Kopf ist ein ein Spiel der Kategorie „überraschend gut“. Titel, Schachtel, Thema und Regel lassen keine Vorfreude aufkommen. Umso größer war die Überraschung als sich Kopf an Kopf als eines der spaßigsten Spiele des bisher eher schwachen Frühjahrs entpuppte. Solche Spielerlebnisse sind mir die Liebsten, deshalb rate ich allen Vielspielern, die alles vorurteilsfrei probieren mögen, eine Testrunde zu wagen.

Ein Kommentar

  1. Voll Treffer mit der Beschreibung der Spielmaterial. Ich fand es auch entäuschend wie die Aufkleber ständig ablösen. Schöne Rezi, aber wer ist Bastian Sicks?

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