yvio: Freibeuter der Karibik

Nach [cref yvio-thinx Thinx] und [cref yvio-octago Octago] konnten wir nun auch das Spiel Freibeuter der Karibik ausführlich genug testen, um einen Bericht zu erstatten. Allerdings mit einer Einschränkung: In unserem Spiel hat sich ein Softwarefehler eingeschlichen. Unser Fazit kann daher nur unter Vorbehalt gezogen werden. Bewerten können wir dafür zusätzlich den Support von Public Solution. Mehr dazu später im Text.

Doch zunächst zum Piratenspiel. Wir Spieler sind Handelskapitäne und schippern in der Karibik hin und her, um durch Kauf und Verkauf von Waren tüchtige Gewinne zu erzielen und diesen in tolle Schiffsausrüstungen zu investieren. Wer zuerst 10 Siegpunkte durch diese Käufe erzielt, gewinnt das Spiel. Zum Kennenlernen dient eine kurze Partie mit dem Ziel, 5 Siegpunkte zu erreichen. Dabei erklärt die Konsole den Spielablauf – ein Blick in die Regel ist also kaum notwendig. Alternativ kann man das Spiel bis zur Erreichung von 15 oder gar 20 Siegpunkten fortführen. Ganz so einfach ist die Handelsfahrt nicht, denn immer wieder kommen den eigenen Schiffen Seeräuber in die Quere. Mancher Überfall hindert einzelne Kapitäne. Besonders gefährlich sind aber die Freibeuter, die Handelshäfen besetzen. Das Spiel geht vorzeitig zu Ende, wenn fünf Häfen besetzt sind. In diesem Fall verlieren alle Spieler.

Die Ausstattung von Freibeuter der Karibik kann sich sehen lassen und stellt den Brettspielcharakter in den Vordergrund. Jeder Spieler hat ein eigenes Tableau, auf dem die Schiffsausrüstung abgelegt wird. Diese besteht aus Pappfiguren, die allerdings gut und gerne etwas größer hätten sein dürfen. Die yvio-Spielsteine werden in den Sockel von großen Schiffsfiguren eingesetzt, die das Flair des Spiels unterstreichen. Der Spielplan zeigt die verschiedenen Häfen, welche Waren dort angeboten werden, sowie die Händler mit deren Verkaufssortiment.

Freibeuter der Karibik

Im Spielverlauf kontrolliert und simuliert die Konsole das Verstreichen der Zeit. Jede Schifffahrt benötigt eine bestimmte Zeit, abhängig von der Entfernung und den verfügbaren Segeln eines Spielers, sowie von Zufallsbegegnungen. In chronologischer Folge finden die Züge der Spieler statt. Wer also weite Wege zurücklegt, muss länger bis zum nächsten eigenen Zug warten – kann dafür aber im Gegenzug einen höheren Gewinn einfahren. Die erste Entscheidung muss jeder Spieler beim Aufladen der Ware treffen. Eines von vier verschiedenen Gütern kann eingekauft werden, jeder Hafen bietet zwei Sorten an und kauft die anderen beiden ein. Wohin soll es gehen? Als nächstes legt jeder seinen Zielhafen fest. Unterwegs kann es zu Zwischen- oder genauer Überfällen kommen. Die Entscheidung lautet hier: Fliehen, Nahkampf durch Entern oder Fernkampf durch Abfeuern der Kanonen. Merkwürdigerweise kann man die feindlichen Schiffe versenken, muss aber selbst nie mehr als geraubte Waren und damit einen schlechteren Ertrag hinnehmen.

Im Zielhafen eingetroffen, lauern wieder Entscheidungen auf die Spieler. Wer etwa neue Matrosen anheuern, seine Takelage verbessern oder weitere Kanonen an Bord nehmen möchte, muss den passenden Zielhafen mit dem entsprechenden Händler ansteuern – und bis dahin genügend Kleingeld eingenommen haben. Etwas feilschen kann sich lohnen und die Geldbörse schonen, doch Vorsicht: Schielt man zu sehr auf billige Preise, könnte der Händler sein Angebot zurückziehen! Manche kleine Nebenhandlung entspinnt sich in den Häfen. Hier ist die Tochter eines reichen Händlers entführt worden und muss befreit werden, dort kann man nach einer Schatzkarte suchen oder noch woanders einen gefährlichen Gefangenen an einen anderen Ort eskortieren. All dies immer mit einem Ziel: Mehr Geld, um schneller das eigene Schiff auszurüsten. Das bringt Siegpunkte, und Siegpunkte – naja, ihr wisst schon …

Der Spielverlauf ist damit merkwürdigerweise zugleich eintönig und abwechslungsreich. Ersteres, weil man eigentlich nie vor komplizierten Entscheidungen steht. Hierhin oder dorthin? Diese Ware oder jene? Einkaufen oder nicht? Etwas taktieren kann, wer gut beobachtet. Häfen, die lange keine Warenlieferung erhalten, rücken vor lauter Entzückung "Ansehen" raus, was sich in barer Münze verdient machen kann. Die Konsole überschüttet einen dann wortreich mit Titeln wie "Major", "Colonel" etc. Doch fürs Gewinnen wichtig ist dabei nur die pekuniäre Seite, denn je toller der Titel, desto größer das Taschengeld, das sich dadurch nebenher verdienen lässt.

Die Abwechslung entsteht durch die Zufallsbegegnungen. Doch letztlich findet man recht schnell heraus, dass bestimmte Aufträge meist lohnen, andere hingegen eher nicht. Wer sich von der Atmosphäre einfangen lässt, hat hier seinen Spaß. Der taktisch orientierte Spieler empfindet diesen Ablauf allerdings eher als eindimensional.

Eingangs hatte ich bereits angekündigt, dass sich hier kein vollständiges Fazit finden kann. Denn durch technische Unzulänglichkeiten konnten wir nicht das "komplette" Spiel auskosten. Was ist passiert? Nach allen Schilderungen durch Spieler, sowie dem Dialog mit der Support Hotline von Public Solution muss der Kampf gegen die Besetzer der Häfen unglaublich spannend sein. Die Spieler müssen effektiv zusammenarbeiten, um nicht von den Freibeutern überrannt zu werden und so im alternativen Spielende kollektiv zu verlieren. Bloß: Wir verloren nie. Nicht ein einziges Mal. Wie fühlt sich das an, wenn mehr als ein Hafen besetzt ist? Wir haben es nicht herausgefunden. Selbst in der schwersten Spielstufe war maximal ein Hafen besetzt. Der dort ansässige Pirat wurde zwar stark und stärker – aber was soll’s. Es gibt ja genügend andere Häfen. Und wer denkt, dass der Sieg über diesen Bösewicht zu Ruhm und Ehre führt, sieht die Mitspieler mit dicker Geldbörse von einem Einkauf zum nächsten schippern und schließlich mit weitem Abstand gewinnen.

Die Support Hotline hatte von einem solchen Fall nie gehört und nahm die Information zwar interessiert hin, konnte uns aber auch nicht weiterhelfen. Eine Korrektur des Spielprogramms wurde zwar angekündigt, aber die entsprechenden Informationen blieben so vage, dass der freundliche Mitarbeiter am Telefon auf meine journalistische Nachfrage, welche Fakten ich den Lesern hierzu schon zur Verfügung stellen könnte, um die Formulierung "Patch ist angedacht" bat. Voilà. Auf eine andere, dieses Mal schriftliche Anfrage per Mail wurde übrigens ebenfalls auf diesen Patch hingewiesen. Dieses Mal monierte ich die fehlende Speicherung des Spielstandes. Denn wenn die Batterien ihren Geist aufgeben, fiept die Konsole und blinkt hektisch ein paar Mal. Und Sekunden später gehen kommentarlos die Lichter aus. Der Spielstand ist unwiederbringlich verloren. Aber mit dem Patch wird alles besser. Bestimmt.

Freibeuter der Karibik hinterlässt damit bei uns einen zwiespältigen Eindruck. In punkto Atmosphäre kann man die Mühe nicht verleugnen, die hier investiert wurde.1 von 3 Yvies
Prädikat
: 1 von 3 Yvies
Das Spielgefühl ließ allerdings bei uns nie einen Spannungsbogen aufkommen, der über die gesamte Spiellänge getragen hat. Fairerweise schränke ich hier nochmals ein: Wir haben nicht das volle Spielgefühl erlebt. Dafür kann ich den Support bewerten: Über Unfreundlichkeit oder zu lange Antwortzeiten kann ich mich wahrlich nicht beschweren. Dass mir aber keine Lösung angeboten wurde, mit der ich den vollen Spielumfang testen konnte, finde ich schon, naja, sagen wir mal: verwunderlich.

[cref.from yvio-die-spielekonsole]
[cref.from yvio-thinx]
[cref.from yvio-octago]
[cref.from yvio-partytime]

3 Kommentare

  1. Wieder einmal sehr schöne Rezension. Ein völlig neues, aber wenig erfreuliches Spielelement, das Yvio erstmals eingeführt hat, ist der Brettspielbug. Mal können Häfen nicht angefahren werden, und jetzt sind auch noch die Piraten im Winterschlaf. Vielleicht haben sie ja bis zum Frühjahr ausgeruht…? Früher kannte ich Hardwarebugs nur bei Würfeln und Nachziehstapeln („Dieses Mistding würfelt immer nur Einsen!“ oder „Wenn man auch immer die falschen Karten kriegt…“). Hmmph- dann mal toitoitoi.

  2. Ich kann das Fazit der Rezension durchaus bestätigen: Viel Atmosphäre, gutes Aufbauspiel, keine komplexen Entscheidungen (was eben den Hardcore Spielern nicht so gut gefällt, den Fans von Familienspielen aber schon). Der Kampf um billige Ausrüstung ist natürlich in einer Solopartie gar nicht und in einer 2er Partie geringer vorhanden. Da geht es dann mehr um die grundsätzliche Spielstrategie: Gehe ich auf Wirtschaft (Segel, Lagerraum) oder Militär (Matrosen, Kanonen). In unseren 4er Partien gab es einen spannenden Kampf um Ausrüstungen, aber auch Seegefechte gegeneinander.

    Schade, dass das mit den Piraten nicht funktioniert hat. Denn sie machen das Spiel so richtig spannend, besonders bei der Profivariante. Das ist dann schon eher ein Kooperationsspiel. Immer die Frage, ob man einen Hafen für die Allgemeinheit befreien soll, oder aber eine längere Reise mit einer wertvollen Ware zu einem sicheren Hafen unternehmen soll. Ein Kooperationsspiel, wo man dann aber immer gewinnt, ist natürlich langweilig. Normalerweise ist das bei der Profivariante aber fast umgekehrt. Da ist es sehr schwer zu gewinnen.

    Mein Fazit lautet: Den Hardcore Spielern bietet es zu wenig komplexe Entscheidungen – meiden! Wer auf atmosphärische Strategiespiele mit Aufbaucharakter und kooperativen Elementen steht, dem wird es sehr gefallen.

  3. Hallo Ludovico, hallo Max, vielen Dank für eure Rückmeldungen. Das mit dem Softwarebug und Hardwarebug gefällt mir wirklich gut 🙂 Und ich hoffe, dass sich tatsächlich eine Möglichkeit auftun wird, das Kooperationsspiel genauer zu testen – bin mal gespannt, ob es mit einem einfach herunterzuladenden Patch was wird! Alles Gute von Kathrin.

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