Octago – der Name hört sich gleich abstrakt an. Womöglich denkt der erfahrene Spieler vom Klang des Namens her auch an Hexago, das vor über 25 Jahren bei Hexagames erschien. Nun heißt der zu Octago gehörige Verlag nicht gleich auch noch Octagames. Der sich aufdrängende Gedankengang Hexago -> Sechsecke, daraus folgt Octago -> Achtecke führt ein bisschen in die Irre. Tatsächlich spielt nur die Zahl Acht eine Rolle. Denn es gibt vier Farben und vier Formen. Das sind acht Kriterien, in denen Punkte gesammelt werden können. Diese finden sich wieder in acht Segmenten à 10 LEDs – eine Leuchtdiode pro Punkt – auf der Konsole.

Der Spielplan ist abstrakt: In vier Vierteln mit vier unterschiedlichen Hintergrundfarben sind die Spielfelder im Kreis angeordnet. In jedem Viertel befinden sich drei Spielfelder in drei Farben und in drei unterschiedlichen Formen. Die Konsole zeigt für jedes Viertel die gesammelten Punkte der vierten Farbe, sowie der vierten Form an. Woher kommen die erwähnten Punkte? Die Spieler bewegen ihre Spielsteine über den Plan und erhalten Punkte für die Farbe und Form des Zielfeldes. Wer etwa auf ein grünes Quadrat zieht, erhält Punkte für grün und Punkte für Quadrate. Auf der Konsole leuchten für den aktiven Spieler die aktuellen Punkte auf. Ich hab ja angekündigt: Es ist abstrakt!

Octago

Der Clou: Je länger ein Feld nicht mehr von einem Spieler betreten wurde, desto mehr Punkte gibt es. Auch in den einzelnen Dimensionen Farbe und Form wird der Ertrag beeinflusst: Sind direkt vorher Spieler auf anderen grünen oder quadratischen Feldern gewesen, bringt das grüne Quadrat etwas weniger Punkte. All dies folgt einer vorgegebenen Logik ohne Glücksfaktor. Der einzige Zufall im Spiel ist die vorgegebene Zugreichweite. Denn der Spieler am Zug erhält eine "ausgewürfelte" Vorgabe zwischen einem und drei Schritten, die er mit oder gegen den Uhrzeigersinn ausführen soll. Daran muss er sich nicht halten, bezahlt aber eine abweichende Zuglänge mit einem geringeren Ertrag. Da heißt es also genau zu merken und zu beobachten, wo länger niemand mehr war. Soweit das Prinzip, aber wie wird gewertet? In der Variante Octago 15 hat jeder Spieler einfach 15 Züge. Zum Spielende hin zählen alle erreichten Punkte, wobei für gleichmäßiges Sammeln Extrapunkte winken. Das eignet sich als Einsteigerspiel.

Wird zu Beginn der Partie die Variante Octago 300 ausgewählt, so gewinnt der Spieler, der zuerst 300 Punkte erreicht. Die weitere Besprechung bezieht sich nur noch auf diese Variante. Jetzt muss man zwischendurch anstelle eines Zuges explizit werten, um Punkte zu erzielen. Je zwei Segmente auf der Konsole – etwa die Punkte für Dreiecke und rote Felder – gehören zu einem solchen Sektor. Die kleinere Zahl aus Farbe oder Form stellt die Grundlage. Multipliziert wird mit dem aktuellen Faktor des Sektors, den die Konsole heimlich ermittelt. Auch hier gilt: Wurde lange nicht gewertet, gibt es einen höheren Faktor. Direkt nach einem anderen Spieler zu werten drückt den Punkteertrag gewaltig. Alle Punkte der gewerteten Farbe und Form werden gelöscht. Na, hat sich wieder der Gedanke "ohje, das ist ja abstrakt" eingeschlichen? Mit einem Beispiel wird das Ganze hoffentlich etwas klarer: Ein Spieler wertet im blauen Viertel und besitzt dort 7 Punkte für Dreiecke und 6 Punkte für blau. Der aktuelle Faktor ist 7 – damit erhält der Spieler 6 Mal 7 = 42 Punkte. Wertet direkt danach ein anderer Spieler, muss er sich mit dem Faktor 1 begnügen – für mehr Punkte heißt es erst wieder "sparen". Zum Glück rechnet die Konsole für die Spieler und sagt vor jedem Zug die Punkte an. Diese ständige wortreiche Beschallung kann zwar ein wenig nerven, aber leider gibt es keine andere Form zur Abfrage des Punktestandes.

Octago ist ein abstraktes Spiel (was bis hierhin wohl niemanden mehr überrascht). Der Einstieg fällt durch die Einleitung von der Konsole leicht, die Spieler können nach dem Auspacken des Materials und der Inbetriebnahme eigentlich direkt loslegen. Ein paar Feinheiten werden jedoch erst durch das Regelstudium klar – etwa, dass bei der Wertung ein höherer Faktor gilt, wenn die eigene Spielfigur zum Zeitpunkt der Wertung im gleichfarbigen Sektor steht. In diesem Sektor können aber keine Punkte gesammelt werden, welche in die entsprechende Wertung eingehen – weder Farbe noch Form des Sektors sind im Sektor selbst vertreten. Wer die Logik des Spiels also gut verstanden hat, wird die Nase vorn haben vor Spielern, die aus dem Bauch heraus spielen. Eine gute Beobachtung der Mitspieler ist wichtig: Wer möchte wann und wo werten? Hier kann man den Mitspielern in die Suppe spucken und einfach vorher werten – und ihnen so den Faktor vermiesen und damit Punkte vorenthalten.

Den idealen Zeitpunkt zur Wertung zu treffen macht den Hauptreiz des Spieles aus. Dabei ist das Spiel in größerer Runde reizvoller, weil es auf dem Plan enger wird und die Spannung größer wird: Kann ich noch einen Zug warten mit der Wertung? Oder sollte ich schleunigst werten, um diesem Sektor vorerst abzuräumen? Die Logik von Octago könnte in einem konventionellen Brettspiel nur sehr mühselig simuliert werden. Der Überraschungseffekt – "was, auf dem Feld waren acht Punkte für Quadrate und sieben Punkte für rot zu holen?!" – wäre gänzlich unmöglich. Denn irgendwie müssten ja die Vorräte auf den Feldern nachgehalten und gekennzeichnet werden. Hier wird die Technik der Konsole sinnvoll ausgenutzt.

Etwas hinderlich sind zwei technische Details: Zum einen kann die wortreiche "Buchhaltung" und Erläuterung etwas stören, denn irgendwann weiß jeder, dass das Betreten aller Felder eines Sektors 25 Bonuspunkte bringt und würde sich einen kürzeren Hinweis wünschen. Zum anderen sieht man die Punkte der Mitspieler nur, solange diese an der Reihe sind. 1 von 3 Yvies
Prädikat
: 1 von 3 Yvies
Wer bei Octago den Überblick hat – den man mit ein paar Partien aufbauen kann – und taktische Feinheiten herausspielt, kann sich in harte Kämpfe stürzen und die Mitspieler tüchtig ärgern. Ermöglicht wird dieses Spielerlebnis erst durch die technische Unterstützung. Einen Minuspunkt gibt es von mir für die Ausstattung, die zwar zweckmäßig, aber alles andere als attraktiv ist. Insgesamt liegt mit Octago eine gelungene Umsetzung mit geschickter Ausnutzung der neuen Technologie vor.

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5 Kommentare

  1. Guter Beitrag. Ich habe das Spiel auch, aber mich gar nicht so intensiv beschäftigt damit. Ist mir zu abstrakt. Habe das Bundle nur wegen Freibeuter der Karibik gekauft. Ich hoffe, da kommt auch noch ein Bericht dazu, bin gespannt ob ich da auch noch neues dazu lese. Habe jedenfalls incl. Solospiel über 10x gespielt und es gefällt mir von mal zu mal sogar besser, man kommt immer mehr auf Tiefgründiges oder eine bessere Strategie drauf. Mit Neulingen spiele ich das Standardspiel, weil da die Texte mit der Zeit auch kürzer werden und trotzdem witzig sind. Aber Solo oder mit der Freundin spielen wir nur mehr die Profivariante. Das geht richtig schnell. Wenn man kooperativ spielen möchte (tun wir gerne) ist die Herausforderung möglichst lange zu „überleben“. 2 Jahre wäre das Ziel, aber das ist sehr schwer. Knackpunkt ist Segel, damit man schneller reagieren kann, wenn die Piraten mal 2 Städte auf einmal besetzen. Dann ist Feuer am Dach! 🙂

  2. Hallo Max,
    über Freibeuter der Karibik wird sicherlich auch noch ein Artikel erscheinen. Wir sind aber noch am probespielen. Leider hat sich selbst in der Profiversion bei uns bisher noch nie ein zweiter Pirat eingefunden (und wir spielten auch bis 20 Punkte und mehr als zwei Jahre). Das Überleben in der Karibik gestaltete sich deshalb ziemlich einfach. – Doch wie gesagt, wir testen noch…

  3. Hallo Peter,
    Hmm, das ist mir völlig unerklärlich. Ich habe gerade gestern wieder zu 3. gespielt. Da beiden Mitspieler neu waren, haben wir die normale Version gespielt. Wir hatten einen spannenden 2er Kampf und als einer gewonnen hatte, waren 4 Häfen von Freibeuter besetzt. Dieses Situation hatten wir mehrmals in dieser Partie, wir mußten zeitweise alle zusammenspielen.
    Peter, schau mal hierhin:
    http://www.spiele-check.de/page.php?page=game_playedlist&gameid=6106

  4. Ein wichtiges Argument für Yvio war ja auch, dass man mangels Mitspieler gegebenenfalls solo gegen die Konsole antreten könnte. Wo mir das bei einem Piratenspiel noch einleuchtet (ging ja schon beim Schwarzen Turm), frage ich mich, da kein Konkurrent da ist, der einem durch Wertungen die Punkte wegschnappt, wo der Spaß ist, wenn man hier bei Octago solitär Punkte sammelt. Eine Art Memory, wo war ich denn lange nicht? Habt ihr’s schon ausprobiert? Wäre auf eure Meinung gespannt. Bis dahin spiele ich doch lieber weiter Reiners „Logic Coach“ auf dem DS…

    • Hallo Ludovico,
      die Solovariante von Octago haben wir nur zum Regel lernen ein paar mal gespielt und nicht ausgiebig getestet. Sonderlich Spannend fanden wir sie aber nicht. Herkömmliche Computerspiele oder Computeradaptionen von Brettspielen sind da interessanter.

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