Spiel ’08: Donnerstag

Freitag, 23.10.2008, früh morgens rennen wir zur Messe, um unser Steel Driver umzutauschen. Dies geschieht auch prompt und problemlos. Die freundlichen Verkäufer von Warfrog zählen uns sogar alle etwa 327 Einzelteile des neuen Exemplars vor. Als erfreulicher Nebeneffekt sahen wir auch das erste Schnäppchen: Cities and Guilds ist nun endlich für nur 15 Euro erhältlich. Überhaupt, die diesjährige Messe scheint ein Eldorado für Schnäppchenjäger zu werden. In den zwei letzten Jahren gab es zwar bombastisch tolle Neuerscheinungen, aber aus unserer Sicht nur wenige Supersonderangebote. Dieses Jahr sahen wir aber schon einige tolle Angebote: Uptown für 15 Euro oder Twilight Struggle für 35 Euro. Erfeulicherweise soll nun auch „Ten Days in Europe“ in einer deutschen Ausgabe erscheinen. Vielleicht folgen später auch die Ausgaben für USA, Afrika und Asien. Racko und Europatourfans sollten zuschlagen, denn die „Ten Days“-Serie ist Europatour ohne redaktionellen Murks.

Während bei Warfrog unser Steel Driver nachgezählt wurde, packten die Splottermitarbeiter ihre 200 Exemplare Duck Dealer aus. Sofort bildete sich eine Schlange aus etwa ebensovielen Interessenten und nach kürzester Zeit kam die Meldung: „Ausverkauft“. Unsere Meinung: 60 Euro ist uns für einen Blindkauf zu mutig. 1300 weitere Exemplare sind übrigens noch nach der Messe erhältlich.

Ein Absatz in eigener Sache:



Vor einem Jahr beglückwünschte ich Udo Bartsch zu seiner Wahl in die Spiel des Jahres Jury. Dieses Jahr traf es den engsten Familienkreis: Kathrin entschied sich heute früh, die Wahl in das erlauchte Gremium anzunehmen. Was sich dadurch ändert, wissen wir noch nicht. Vorsorglich werde ich daheim aber mal einen weiteren Keller als Lagerraum buddeln.

Peter Nos



Im Zentrum des Interesses steht auch dieses Jahr wieder ein Eggertspiel. Im Schutze der Burg knüpft thematisch an Säulen der Erde an. Der Mechanismus erinnert mich aber auch ein wenig an Kreta, Stone Age oder einige andere Spiele. Über 12 Runden bauen die Spieler eine Burg, indem sie gleichzeitig Rollenkarten spielen und damit Rohstoffe sammeln und diese wiederum zum Bauen von Burgteilen verwenden. Die Burgteile bringen die allseits beliebten Siegpunkte. Nett sind die feinverwobenen Beziehungen zwischen den Rollen. Das Spiel ist eingänglich und nur mäßig komplex. Dabei scheint es mir aber noch viele strategische Möglichkeiten zu bieten: Man kann versuchen, viel zu bauen, mehr zu schmarotzen oder sich auf wenige wertvolle Abschnitte zu konzentrieren. Sonderlich originell schien mir das Ganze aber nicht. Trotzdem freue ich mich schon auf weitere Partien.

Freunde der Brettspielwelt werden über die folgenden Zeilen gähnen. Ihnen sei auch ein Nickerchen gegönnt. Echtbrettspielern sei aber auch ein Blick auf das Kartenspiel Dominion in der Brettspielschachtel empfohlen. Dominion ist ein Ad-hoc-Mehrpersonensammelkartenspiel ohne Sammelkarten. Jeder Spieler beginnt mit einem identischen Kartensatz und darf in jedem Zug eine Karte spielen und eine kaufen. Alles Gespielte, Gekaufte und Ungespielte wirft er dann auf seinen persönlichen Ablagestapel und zieht vom eigenen Nachziehstapel nach. Selbstverständlich wird bald aus dem Ablagestapel ein neuer Nachziehstapel, und so spielen und mischen die Spieler munter vor sich  her. Natürlich erlauben die neu gekauften Karten allerlei Regelmodifikationen und Erweiterungen. Zumindest in der Einsteigerversion spielt man aber mehr neben- als miteinander. Mein Ersteindruck gleicht „Im Schutze der Burg“ – Gute Hausmannskost, aber auch (noch) nicht mehr.

Den einen oder anderen Geheimtipp konnte man in den vergangenen Jahren bei den Japanern entdecken. Immer noch heiß geliebt in unseren Runden ist etwa Fairy Tale. Auf der letzten Messe erschien Master of Rules, mit dem das Prinzip der Stichvorhersage innovativ variiert wurde.

Am Stand von Japon Brand testeten wir heute Defenders of ClayArt, bei dem als zentrales Spielmaterial Knetmasse verwendet wird. Ein Spieler gibt ein Adjektiv als Begriff vor, z.B. „süß“. Alle kneten innerhalb von einer Minute, um diese Eigenschaft darzustellen. Bei „süß“ könnten das Bonbons, aber auch schnuckelige Tiere sein. Im Anschluss wird abgestimmt. Jeder Spieler muss alle Kunstwerke (auch das eigene!) verdeckt mit Preisen bedenken. Reihum wird nun aufgedeckt. Dabei kommt es nicht auf die absolute Platzierung an, sondern auf gute Einschätzung. Denn die Abstimmung mit der Mehrheit bringt allen beteiligten Spielern Punkte ein. Wer nicht mit der Mehrheit gestimmt hat, muss Minuspunkte in Kauf nehmen. Im Mittelpunkt steht sichtlich der Spass am Kneten und an den Ideen rund um den gewählten Begriff. Die Wertung ist da Nebensache. Und schon die Broschüre des japanischen Verlags weist darauf hin: „No talent necessary“.

Am Nachmittag ergatterten wir einen Tisch am Gemeinschaftsstand von Treefrog Games, JKLM, Surprised Stare Games und anderen. Gerne hätten wir Confucius vom letzt genannten Verlag getestet, doch leider war kein geöffnetes Testexemplar aufzutreiben. Doch auch auf Monastery von den Ragnar Brothers waren wir neugierig, und so las Thilo die Regeln, während die anderen eine kleine Stärkung und vor allem einen Schluck Kaffee zu sich nahmen.

In Monastery bauen die Spieler verschiedene Gebäude auf und bewegen sich mit ihren Mönchen über die so ausgelegte Landschaft. Wertungen gibt es für das Bauen, sowie für Arbeit in Gebäuden und schließlich fürs Beten: Ora et labora! In jeder Wertung können weitere Mönche in die zentrale Abtei gestellt und Buchstaben gekauft werden. Denn jeder Spieler muss für die Komplettierung eines Satzteiles sorgen. Der Kauf der Buchstaben bringt Siegpunkte – wer für die Mitspieler kauft, verhindert bei ihnen Siegpunkte.

Wir hatten ein paar Probleme ins Spiel zu finden. Zu viele Dinge waren zu bedenken, und manches Mal versuchte jemand einen Zug und erntete als Antwort: „Nein, das darfst du nicht, weil …“ – Anstrengend! Doch nach und nach fanden wir besser ins Spiel. Die nächste Partie gehen wir mit etwas mehr Ruhe an – irgendwann nach der Messe. Monastery hat interessante Elemente (Spielplan zum einen, Kauf der Buchstaben zum anderen), doch recht verwirrende Regeln.



Kurz vor Toresschluß gelang es uns, noch Le Havre anzuspielen. Ob es besser oder schlechter, ähnlich oder anders als Agricola ist, kann ich noch nicht berurteilen. Auf alle Fälle ist es ein langes Wirtschaftsspiel ohne allzu viel Aggressivität. Es folgt dem erfreulichen Trend, dass die einzelnen Züge kurz und planbar sind und dadurch keine größeren Pausen der Langeweile oder längere Grübelphasen vorkommen. Wer am Zug ist, kann entweder Rohstoffe einsammeln oder Gebäude nutzen und auch neue Gebäude bauen. Dabei kann man ähnlich wie bei Caylus auch die Gebäude der Mitspieler verwenden, dafür bekommen sie aber eine kleine Entschädigung. Wir haben nur etwa eine Viertel Partie gespielt.

Diese Ersteindrücke des Messebeginns lassen noch keinen echten Favoriten erkennen. Wenn es so weitergeht, wird dies eine Messe mit vielen guten Spielen auf hohem Niveau. Echte Höhepunkte haben wir noch nicht entdeckt. Glücklicherweise bleiben uns bisher auch Nieten weitgehend erspart. Neben den schon gestern erkannten Trends stehen weiterhin Krimispiele hoch im Kurs. Bei „Mittendrin im Krimi“ war die Deko so gut, das wir im ersten Moment einen echten Notfall vermuteten und schon 112 wählten, bevor sich die Puppe als Pappkamerad verriet.

4 Kommentare

  1. Congratulations to the new panelist! Nice report. I recognize a few of the people pictured, including the Wasserturm Abräumer. Will you report on their results in the European Boardgaming Championship?

  2. Hi Michael, thank you a lot 🙂 The European Boardgaming Championship is on Saturday. I hope we will be able to report about them on Sunday then!

  3. Avatar-Foto Claudia Hülsmann

    Glückwunsch zum neuen „Job“ Kathrin…und Danke für die ausführlichen Berichte !

    Claudia

  4. Hallo Claudia,

    vielen Dank!

    Alles Gute von
    Kathrin.

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