Spielen ist für alle da

Mai 2010 in Köln. Meine zweite Jury-Klausur zur Wahl von „Spiel des Jahres“. Im Gespräch: Sollten wir nicht schreiben „für x-y Personen“, wenn es um die Informationen über die Spiele geht? Hintergrund: Bisher hieß es „für x-y Spieler“. Das würde nicht wirklich alle einschließen, der Begriff „Personen“ hingegen schon. Wer noch eine alte Broschüre daheim liegen hat, weiß: Auch 2010 stand da noch „Spieler“. Auf der Homepage des Vereins wird mittlerweile „Spieler:innen“ verwendet.

Im selben Jahr bin ich aus der Jury ausgetreten, was natürlich nichts mit dieser Entscheidung zu tun hat. Die Neuberufungen waren zumeist männlich. Dies erwähnte ich wiederholt gegenüber Jurymitgliedern – die Reaktion war zumeist: „Du willst ja nicht mehr“. Botschaft: Außer dir gibt es kaum Frauen, die geeignet wären. Auch in der Wirtschaft ist dies ein gern verwendetes Argument, wenn es darum geht, Frauen in sichtbare (und damit meist wichtige) Positionen zu bringen: „Es gibt ja keine geeigneten Frauen“.

Die Jury hat sich verändert. Im mittlerweile etablierten Format „Spielerisches Quartett“ sprechen jeweils drei Jury-Mitglieder mit einem Gast über jeweils vier Spiele, zuletzt in Folge 18. Bis auf zwei Folgen über Kinderspiele, bei denen Jürgen Karla zu Gast war, wurde das Quartett immer durch eine Frau vervollständigt. (Die beste Präsenz hatte dabei übrigens die Fairplay mit drei verschiedenen Frauen als Gast.) Es gibt sie also, die Frauen! Und die Jury hat einen meiner Meinung nach leicht zu realisierenden, aber wirkungsvollen Hebel gefunden, um hier ein Bausteinchen zu mehr Präsenz von Frauen in der Spieleszene beizutragen.

Im von uns beiden – Peter und mir – sehr geschätzten Podcast „Anekdotisch Evident“ sprechen Katrin Rönicke und Alexandra Tobor über ausgewählte Themen und verbinden Theorie mit eigenen Erfahrungen. Die letzten Themen lauteten „Freiheit“, „Leiden“ und „Kleidung“. Ich bin immer wieder begeistert über die verschiedenen Facetten und Sichtweisen, die sich rund um die von Katrin und Alex gewählten Themen ergeben – und ich nehme für mich selbst viele Anregungen zum Nachdenken und Reflektieren mit. Und ich genieße die sehr angenehme Art, wie die beiden miteinander sprechen.

Rund um die kommende Wahl zum Spiel des Jahres hörte ich die Folge „The Ladies Speculate“ des Podcasts „Pile of Happiness“. Insgesamt vier Frauen gingen ihre Tipps zur anstehenden Nominierung der Preisträger durch. Eine durch und durch hörenswerte Folge mit hoher versammelter Spielekompetenz.

Einen Aspekt aus dieser gehörten Folge möchte ich herausgreifen, der mit den eigentlichen Spielen nichts zu tun hat: Im Gespräch der vier wurde konsequent sprachlich auf Einbeziehung aller Geschlechter geachtet. Auch Katrin und Alex von Anekdotisch Evident tun dies. Vielleicht ist es mir deshalb auch hier direkt aufgefallen.

Bei Fairplay hatten wir über geschlechterintegrative Sprache gesprochen. Mittlerweile steht auf dem Titelblatt der Fairplay mal „Spielermagazin“ – und mal „Spielerinnenmagazin“. Tatsächlich gab es daraufhin mindestens eine Kündigung, die mit genau der Ablehnung dieser Entscheidung begründet wurde. Das Editorial der Fairplay 134 widmet sich solchen sprachlichen Herausforderungen.

Die beiden Podcast Beispiele zeigen mir: Als Frau, die es müde ist, nur „mitgemeint“ zu sein, bin ich offensichtlich nicht allein. Wenn ich in Spielregeln schaue, fällt mir auf, dass auch viele Spieleverlage mittlerweile sehr auf aktive Sprache achten – die direkte Ansprache in der zweiten Person („du“/„ihr“) vermeidet oft die Verwendung etwa von „der Spieler“. Beim Nachlesen etwa der mehr als zehn Jahre alten Regeln von Battlestar Galactica steht dort noch ganz oft „man“ mit Beschreibungen in der dritten Person. Und natürlich viel generischem Maskulinum.

All dies zeigt meines Erachtens: Representation Matters! Macht Menschen mit all ihren Facetten so bunt wie möglich sichtbar. Der ein oder andere Schritt in diese Richtung wurde gemacht. Es bewegt sich was. Wir sind noch nicht am Ziel, aber vielleicht einen Schritt weiter auf dem Weg dorthin.

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