Jaja, ich weiß – eigentlich interessieren sich in den Wochen nach der Messe alle vor allem für die Rezensionen der heiß gehandelten Spitzenplätze der Scoutaktion oder welchem Ranking auch immer. Wir werden auch nachlegen. Viel gespielt haben wir bereits, und einige dieser Erfahrungen fließen aktuell in die neue Ausgabe der Fairplay ein. Doch wo und mit wem sammeln wir unsere Spielerfahrungen?
Über unseren [cref der-linke-stapel] aus der Urlaubsspielewoche nach der Messe berichteten wir bereits. Am vergangenen Wochenende waren wir in der Jugendherberge Altleiningen (der Link führt zur Seite mit den wichtigsten Infos zum Treffen) und haben dort zusammen mit mehr als 100 Personen zwei spielerische Tage erlebt. Organisiert wird diese Veranstaltung von unserem Freund Jochen Traub. In sechs Tagungsräumen verteilen sich die Spieler und packen Neuheiten und Klassiker aus. Alle Altersschichten sind vertreten – durch die günstigen Übernachtungspreise ist das Wochenende auch für Familien erschwinglich, und selbst Kinder, die das erste Mal dabei sind, finden schnell Anschluss. Und so geht die Zeit wie im Fluge voran…
Für uns ist Altleiningen die zweite Möglichkeit zum intensiven Testen der Neuheiten außerhalb unserer üblichen Spieleabende. Zwei Kisten mit Spielen bringen wir selbst mit. Und für die Spiele, die wir nicht selbst besitzen, können wir auf den Bestand der anderen Spielerinnen und Spieler zurückgreifen. Auf diese Weise konnten wir etliche Spiele teste, die sich beispielsweise bei anderen Fairplay-Rezensenten und damit nicht in unserem Bestand befinden.
So konnten wir die beiden neuen großen Spiele von eggertspiele ausprobieren. Bei Glück Auf! begeben wir uns – nach Kohle & Kolonie, das wir bereits im Urlaub genießen durften – erneut unter Tage. Der Arbeitereinsetzmechanismus erlaubt, wie bei [cref keyflower], die Nutzung auch bei bereits besetzten Feldern. Allerdings muss man dann mehr Arbeiter aufwenden. Der Rest ist Standardaktions- und -wertungsbeiwerk. Im Urlaub hätten wir dieses Spiel sicherlich auf unseren mittleren Stapel einsortiert. Besser gefiel uns Rokoko. Als Schneider entwerfen wir extravagante Kleider und Röcke, investieren in Musiker und Unterhaltung bei Hofe, und heuern neue Angestellte an. Der Clou: Die eingesetzten Karten können nur gemäß ihrer Ausbildung als Meister, Geselle oder Lehrling aktiv werden. Hier sind ganz unterschiedliche Strategien möglich, und das ungewöhnliche Thema vermochte uns unter den beiden Spielen mehr zu begeistern.
Aus unserem eigenen Vorrat hatten wir noch Bruxelles 1893 mitgebracht. Gar in Vollbesetzung zu fünft hatten wir zunächst Bedenken, ob die Spieldauer nicht ausufern könnte. Zwar benötigte die Erklärung einige Zeit, doch sobald wir die erste Runde hinter uns hatten, lief es prima. Die Wartezeiten zwischen den Zügen sind kurz, und es entwickelten sich ganz unterschiedliche Strategien beim Malen und Verkaufen von Kunstwerken, Errichten von Gebäuden, Beeinflussen von Personen und bei den vielen weiteren Aktionsmöglichkeiten. Dass hier wirklich ganz unterschiedliche Ansätze möglich sind, zeigte der knappe Spielausgang am Ende. Auf der Messe hatten wir aus unserem Bekanntenkreis eher verhaltene Stimmen zu dieser Neuheit von Pearl Games gehört – nach der eigenen Spielerfahrung kann ich mir vorstellen, dass die Messe nicht so die ideale Umgebung bietet, um all die Einzelheiten zu überblicken und sich auf eine Strategie zu konzentrieren. Jetzt aber gilt für uns: Bruxelles 1893 bewirbt sich um einen Platz auf dem linken Stapel.
Einmal mehr hat sich gezeigt, dass Spieler zumeist weltoffene Menschen sind. Ungeachtet von Alter, Herkunft und Geschlecht haben wir in wirklich sehr gemischten Runden gespielt und gleich mehrere neue Mitspielerinnen und Mitspieler kennen und schätzen gelernt. Den Abschluss bildeten für uns am Samstag vor dem Schlafengehen zwei Runden [cref jaeger-der-nacht] zu siebt, bei der die jüngste Mitspielerin neun Jahre war, und die ältesten Mitspieler die 50 überschritten hatten.
Wer erklärt auf einem solchen Spieletreffen die Regeln? Wer Glück hat, schließt sich einer Runde an, in der einer das Spiel schon kennt. Wir hatten dieses Mal einige neue Titel ausprobiert, die wir alle nicht kannten. Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder einer zieht sich kurz ein wenig zurück, liest, und erklärt dann. Oder einer liest die Regeln vor. Letzteres haben wir ein paar Mal praktiziert, und es funktionierte ganz gut. Dennoch gilt für mich: Auch wenn ich oft selbst der „Erklärbär“ bin, ziehe ich es doch deutlich vor, die Regeln vorab vorzubereiten.
Dass das Spieletreffen ein langfristiger Erfolg ist, zeigt sich in den konstanten Teilnehmerzahlen. Viele Leute kennen wir seit Jahren und freuen uns über das Wiedersehen. Etwa zehn Prozent der Teilnehmer waren Neuankömmlinge. Diese hatten bei Spieleclubs oder anderen Spieletreffen von Altleiningen gehört oder den Termin im Internet gefunden. Die meisten werden wohl – wie viele andere Teilnehmer und auch wir – wiederkommen.