Abyss

Abyss ist ein Spiel mit Tiefgang. Klar, spielt ja auch in der Tiefsee, aber als Motto zieht sich dieser Begriff noch viel mehr durchs Spiel, als es auf den ersten Anschein wirken mag. Sehr tief eintauchen muss etwa, wer wirklich durchgängig entdecken möchte, woran man nun welches der fünf Völker der Tintenfische, Schalentiere, Krebse, Seepferdchen und Quallen erkennt. Jedes Volk hat eine passende zugehörige Gruppe von „Edlen“. Und auch hier heißt es tief tauchen. Eintauchen in die Spielregel nämlich, denn nur hier steht hinter einem Vokabelriff, wie welche Edlengruppe heißt, und nur mit einer tiefergehenden Recherche mittels Lupe kann man dann in der Spielanleitung erkennen, dass „Soldaten“ wohl die Edlen sind, für deren Erwerb Krebse (und manchmal mehr Völker) ausgegeben werden müssen. Magier und Quallen passen prima zusammen, ebenso Bauern und Seepferdchen, Politiker und Tintenfisch, sowie schließlich Händler und Schalentiere. Lediglich die Botschafter gehören zu keinem Volk – an sie gelangt man nur, wenn man von jedem Volk eine Karte spielen kann.

Bild von Abyss
Wer noch tiefer eintaucht, erkennt nach und nach, dass sich die Farbgebung sogar subtil über den Spielplan zieht. Der mittlere Bereich heißt „Rat“, und rund um die Ablageflächen jedes Volkes ist dessen Farbe eingebettet. Wenn man genau hinschaut. Alle anderen müssen immer die Symbole abgleichen.

Um bei Abyss dem Spielziel – es gilt den König des abstrakten und unbekannten Reiches Abyss zu krönen – näher zu kommen, ist der erste Schritt der Erwerb von Verbündeten aus den fünf Völkern. Hierzu wird eine kleine „Versteigerung“ absolviert. Der aktive Spieler deckt eine Karte auf. Reihum dürfen erst die Mitspieler zugreifen – zum Preis einer Perle. Nimmt niemand dieses Angebot an, kann der aktive Spieler selbst zugreifen – oder die nächste Karte anbieten. Ist eine Karte vergeben, kostet die nächste für einen anderen Spieler zwei Perlen, die dritte drei Perlen. Immer kostenlos zugreifen kann der aktive Spieler, was dieser bei der fünften Karte auch tun muss, sogar mit einer Bonusperle als Dreingabe. Alle nicht versteigerten Karten landen im Rat. Ob man dies nun „Versteigerung“ nennen möchte oder nicht, ist Geschmackssache. Für mich fühlt es sich ein wenig so an, da es immer abzuwägen gilt: Karte nehmen? Auf bessere Angebote hoffen? Wie viele Perlen lohnt es zu zahlen? Besser mehr als weniger Karten haben – aber lieber nicht bei den Perlen blank laufen.

Wer nicht versteigert, darf im Rat den hier angesammelten Stapel von Karten eines Volkes nehmen. Selbst wenn die hier landenden Karten nur kleine Werte haben – wenn es irgendwann nur genügend viele sind, lohnt es sich irgendwann doch. Als dritte Möglichkeit winken die „Edlen“, deren Kauf nun endlich eine Möglichkeit aufzeigt, um Siegpunkte zu erhalten. Jeder Edle zeigt an, aus wie viel unterschiedlichen Völkern und zu welcher Mindestsumme an Kartenwerten er gekauft werden muss. Beispiel: Wert 10 aus drei verschiedenen Völkern. Ein Volk ist dabei jeweils vorgegeben, die anderen können frei gewählt werden. Viele Edle geben eine Sonderfähigkeit, unter denen besonders zu Beginn diejenigen mit Nachschub an Perlen besonders begehrt sind – denn je mehr Perlen man besitzt, desto flexibler kann man bei den Versteigerungen der Mitspieler zugreifen. Edle bringen oft einen (manchmal auch mehr) Schlüsselsymbole mit. Sobald sich Edle mit insgesamt drei Schlüsseln bei einem Spieler angesammelt haben, muss sich dieser einen Ort nehmen, der zum Beispiel für jeden Edlen einer bestimmten Gruppe oder für andere Bedingungen punktet.

Bei jedem Kauf eines Edlen legt man den kleinsten bezahlten Kartenwert heraus – für jedes Volk wird am Ende des Spiels genau eine Karte gewertet, was nach Edlen und Orten die Siegpunktquelle Nummer drei ist. Praktisch: Ein Block hilft dabei, den Überblick dabei zu behalten, was so alles Siegpunkte bringt. Die vierte und letzte Quelle schließlich sind die Monsterplättchen. Unter den Völkerkarten lauern auch Monster. Wer eines zieht, entscheidet sich auf die Jagd zu gehen oder weiter die Völker aufzudecken. Bei der Jagd sind Perlen oder Monsterplättchen (Wert zufällig zwischen 2 und 4) drin. Je länger niemand jagt, desto lukrativer wird das Angebot – bis hin zu zwei Schlüsseln, die ja wiederum beim Erwerb von Orten helfen. Hier waren sich die mir bekannten Spielerunden durchaus uneinig: Lieber offensiv auf die Jagd gehen, wann immer sich die Möglichkeit bietet? Oder in Kauf nehmen, dass die Jagd womöglich für nachfolgende Spieler lukrativer wird, dafür man selbst aber mehr Chancen auf gute Völkerkarten hat?

An drei Stellen spielt das Glück mit. Zunächst beim Aufdecken der Völkerkarten. Weiterhin bei den Edlen – passen diese zu meinen gesammelten Völkerkarten? Und wenn neue aufgedeckt werden, habe ich dann ad hoc womöglich die passenden Karten zum sofortigen Kauf auf der Hand? Und schließlich bei den Ortskarten. Hier sind weit über zehn Punkte pro Ort drin – wenn ich meine Auswahl aus einer ungünstigen Konstellation treffen muss, kann ich aber sogar beinahe leer ausgehen. Nur gut, dass viele Orte zumindest pauschal einige Punkte einbringen. Dass die Monsterplättchen im Wert schwanken, ist dabei schon fast unerheblich.

Der Tauchgang in die Tiefe zieht mich grafisch in seinen Bann. Dass Symbolik, Farb- und vor allem Namensgebung die Sicht vernebeln, kann ich angesichts meiner Faszination für die stimmig illustrierte Wasserwelt verschmerzen. Wo ich natürlich tiefergehend auf die Vokabeln eingehen muss, ist in Runden mit Neulingen. Mit ein wenig Erfahrung lässt sich diese Aufgabe jedoch zunehmend besser meistern und der Einstieg für neue Taucher leichter bewältigen.

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Prädikat
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1 von 3 Mola Mola
Nicht ganz meinen Frieden habe ich mit dem Zufall durch die Angebote bei Edlen und Orten gemacht. Dem einen spielt die Auslage wunderbar ins Konzept, der andere flucht leise vor sich hin, wenn wieder nichts zu seinen Völkerkarten passt. Für einen kurzweiligen Tauchgang ist das hinnehmbar. Doch einen langen Atem beweist Abyss damit nicht. Und für einen Dauerbrenner ist wohl einfach zu viel Wasser im Spiel.

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