Winzigkleine Spiele

Seit einiger Zeit mausern sich Minimal Games vom absoluten Insidergeheimtipp zum Massenphänomen. Designer versuchen sich an Materialminimalismus – man ist versucht, schon von Readygames zu sprechen – zu unterbieten, vergessen dabei manchmal aber, dass es am Ende auf den Spielspaß ankommt. Andere reduzieren einfach die Regeln oder packen ein normales Spiel in eine etwas kleinere Schachtel, um munter auf der Welle mitzureiten. Das ist auch alles legitim, denn niemand weiß so ganz genau, was ein Minimal Game eigentlich ist.

So ganz neu ist das Phänomen denn auch gar nicht. Pico von Doris und Frank gibt es schon lange, und viele Karten- oder Würfelspiele der letzen Jahre erinnern an enorm moderne Minimal Games. Das minimalistischste mir bekannte Spiel ist übrigens Chopsticks, das sich allein mit 4 Fingern und ohne gedruckte Regel spielen lässt.

Doch Minimal Games bieten oft mehr ein Experiment als ein echtes Spielerlebnis. Spiele wie Villannex oder See-Know-Buzz, ein Ninja-Stichspiel, bei dem jeder nur drei Karten bekommt, haben kaum eine Chance, größere Fankreise zu erreichen. Villannex hat bei aller Reduktion, es spielt jeder nur zweimal zwei Karten und das auch noch gleichzeitig, dabei auch noch einen ungemein verwirrenden Wertungsmechanismus. Aber im Fahrwasser des Unterbietungswahns gibt es dieses Jahr einen ganzen Schwung origineller wie leichtgängiger Kleinspiele, die auch ohne Geekbonus überzeugen können.

Ok, das schon auf dem linken Stapel ([cref nichtreprasentative-auswahl-von-spielen-die-einigen-spielern-gefielen-oder-der-linke-stapel]) erwähnte Tome of Calling ist kaum massenfähig. Nach genaueren Bespielungen des linken Stapel 2014 bestätigt sich aber unser Eindruck, dass momentan die kleinen Spiele den großen Grübelgoliaths die Schau stehlen. Alles kleine, was Sie auf dem linken Stapel sahen, ist immer noch ein guter Tipp, und zu unserer Empfehlung von [cref machi-koro] stehen wir weiterhin.

Aber dieses Jahr lohnt auch ein Blick in die zweite Reihe. Da gibt es zum Beispiel 7 Kingdoms von Deinko, bei dem es darum geht, Karten zu spielen, um wieder welche zu nehmen. Die gespielten Karten bilden die Grundlage der Auslage des nächsten Zuges. Eingetauschte Karten lassen sich entweder als Siegpunkte beiseitelegen oder erneut ausspielen. Das Spiel verwirrt zunächst. Ich glaube mittlerweile, dass dies von den Koreanern so gewollt ist. Es könnte mehr dahinter stecken, doch um dies herauszufinden, müssen wir das Spiel noch etwas häufiger testen.

Der 7bte Zwerg von Peter Neugebauer ist hingegen ein Beispiel dafür, dass es auch schon früher Kleinspiele gab, denn es ist die Neuauflage von Zocken und eine gute Chance, dieses Würfelspiel neu kennenzulernen. Auch Knizias Zeitalter des Krieges ist „nur“ eine Neuauflage von Risiko Express. Letzteres hatte ich in keiner guten Erinnerung, aber das Zeitalter des Krieges konnte uns mit kleinen Abstrichen überzeugen. Nur durch leichtes Ändern von Thema und Aufmachung spürten wir beim Würfeln statt öder Langeweile das Toben der Schlachten um Japans Festungen. Nur dauert das Spiel etwas zu lang. Reiner Knizia sollte vielleicht das Spiel vielleicht aufs noch Wesentlichere kürzen.

Schließlich muss ich noch kurz auf Colors of Kasane hinweisen. Dabei gilt es einen bunten Kimono auszulegen. Reihum nehmen alle Karten aus einer offenen Auslage auf die Hand. Die Kartenhand darf dabei nicht umsortiert werden. Dafür ist es erlaubt, Teile der Hand wieder ab- und an den persönlichen Kimono anzulegen. Für gelungene Kartenkombinationen gibt es dann Punkte. Allein schon die liebevolle Gestaltung des Spiels rechtfertigt einen genaueren Blick. Auch Colors of Kasane werden wir bald genauer würdigen.

Wenn Sie also der Meinung sind, dass der Jahrgang wenig große Spielerlebnisse bietet, dann nutzen Sie doch die gewonnene Zeit, um sich mit den vielen Kleinoden zu beschäftigen.

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