Erschreckende Zunahme für Interaktionsarmut beim Solospiel befürchtet! – Jetzt mit Rosenberg vorbeugen!

Passend zu meinem letzten Artikel gibt es jetzt eine Grundsatzdiskussion, ob Spiele mit Solovariante eine Tendenz zur Interaktionsarmut haben, also quasi einen Interaktionsmangel als Gendefekt in sich tragen. Vorbeugend könnten teure Versicherungen oder neuartige Interaktionspräparate helfen. Gibt es eigentlich eine Statistik, dass mit dem Schengen-Abkommen Spiele insgesamt interaktionsärmer wurden?

Ich muss übrigens meine Aussage, dass Solovarianten wenig interaktiv seien, relativieren. Mehr als einmal freute oder ärgerte ich mich über meine Züge: „Wow, da habe ich mir doch tatsächlich 5 Schilf liegen lassen.“ Oder: „Mist, jetzt habe ich mir die 6 Rubine vor der Nase weggeschnappt!“ Nahe war ich mehrmals daran, erbost den Tisch zu verlassen und mich allein weiterspielen zu lassen. Dann hätte ich mal gesehen, was ich davon habe, immer so fies zu interagieren.

In den letzten beiden Wochen widmete ich mich intensiv nur den drei Spielen Arler Erde, Caverna und Agricola. Alle drei erfordern einige Wiederholungen, bevor der Punktemotor so richtig vor sich hintuckert. Alle drei beruhen auf sehr ähnlichen Prinzipien, und alle drei entwickeln in der Solovariante einen besonderen Charakter.

Denn sie kommen ohne Dummyspieler aus, und sie verzichten fast völlig auf Zufallselemente. Es wäre also möglich, die Spiele mit etwas Aufwand komplett durchzurechnen, um ein optimales Ergebnis zu bestimmen. Caverna treibt dies ins Extrem. Agricola ist dabei noch am wenigsten durchschaubar, da die Reihenfolge der Aktionsfelder sich erst während des Spiels ergibt. Auch die zugelosten Ausbildungen und kleinen Anschaffungen ändern die überhaupt in einer Partie erreichbaren Punkte. Sie bestimmen auch die wahrscheinlich sinnvollste Strategie. Arler Erde bietet immerhin noch etwas Varianz, da einige Gebäude zu Spielbeginn ausgelost werden. Caverna verläuft hingegen immer gleich, und doch fand ich Caverna das forderndste und spannendste Spiel der Auswahl.

Denn es ist erstmal ziemlich unklar, ob es besser ist auf Abenteuer zu ziehen, Landwirtschaft zu betreiben, Minen zu bauen, die Höhlen möglichst komfortabel einzurichten oder eine Mischung aller Strategien zu versuchen. Ich versuche irgendwie immer, auf sechs Zwerge zu kommen, und damit diese mehr Punkte bringen als sie kosten, ist ein ziemlich genaues Timing notwendig. Mein aktueller Highscore sind 126 Punkte mit einer 6-Zwerg-Agrar-Höhlen-Strategie ohne Abenteuer, die es darauf anlegt, möglichst viele Siegpunkthöhlen zu errichten. Zentral ist es dabei, Rubine effektiv zu nutzen. Gerade, dass es bei Caverna von allem viel gibt, macht die Optimierungsaufgabe so komplex. Das Spiel hängt im Gegensatz zu Agricola nicht völlig vom Nahrungsnachschub ab und lässt genügend Gestaltungsmöglichkeiten zum Siegpunktscheffeln.

Dabei hat mir aber auch Agricola gut gefallen, besser als mit hyperinteraktiven Mitspielern, die immer alle Felder besetzen. Besonders die riesige Auswahl an Ausbildungen und Anschaffungen reizt eigentlich dazu, zumindest einmal alle Karten auszuprobieren. Es gibt auch eine Kampagnenvariante, die ziemlich lustig ist, aber leider mit zunehmender Anzahl an Spielen immer einfacher und nicht anspruchsvoller wird. Der Nachteil von Agricola ist der vergleichsweise schmale Siegpunktkorridor. Für jede der Kategorien Tiere, Essen, Weiden, Äcker etc. gibt es jeweils maximal 4 Punkte, damit bleiben als zusätzliche Siegpunktquellen nur die Anschaffungen und die sind auch nur zwischen 1 und 5 Punkte wert. Ich kam im Rahmen der Kampagne nach 5 Spielen bis auf 74 Punkte, wahrscheinlich sind noch kleine Steigerungen möglich, aber wahrscheinlich liegen dann die Ergebnisse immer eng zusammen.

Mit der Siegpunktknappheit reduzieren sich aber auch die möglichen Strategien. Irgendwie ist es doch notwendig alles zu machen, es stellen sich nur die Fragen, wann und wie intensiv. Caverna erlaubt es hingegen viel extremere Strategien erfolgreich zu spielen.

Arler Erde liegt irgendwo zwischen den beiden Spielen. Thematisch ist es das wohl ausgeprägteste Spiel der Auswahl. Ähnlich wie bei Caverna ist es möglich, völlig unterschiedliche Strategien zu spielen, und die erfolgreichen Ansätze sind zunächst überhaupt nicht ersichtlich. Zunächst versuchte ich die Handwerksfähigkeiten auszubauen, um die Ausbeute einzelner Aktionen zu maximieren. Dafür ist das Spiel aber etwas zu kurz. Viel effizienter ist es, frühzeitig Fuhrwerke anzuschaffen, um Waren zu veredeln und damit schnell tolle Gebäude zu errichten. Arler Erde zu spielen ist aber anstrengender als schnell eine Runde Caverna zu zocken, da die Aktionsmöglichkeiten deutlich komplexer sind.

Doch dies sind winzige Geschmacksunterschiede auf hohen Niveau. Alle drei Spiele machen insbesondere allein genügend Spaß, um mehrere Abende mit ihnen zu verbringen. Sie haben aber alle drei den Nachteil, dass der Auf- und Abbau sehr umfangreich und zeitintensiv ist. Ach ja, bei allen drei Spielen lassen sich Spielsituationen nur schwer rekonstruieren, nachdem Kater sich auf dem Spielplan wälzten.

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