Woran denkt man beim Namen Atlantis? Schwarze Türme? Oder womöglich an infantile Kosenamen für bestimmte Ozeane? Am ehesten wohl an untergehende Städte. Nun denn, begeben wir uns in die mythische Antike und gehen gemeinsam unter. Ganz familienkompatibel schlüpfen die Spieler in die Rollen von Atlantis-Bürgern, die lediglich ihre hehren Besitztümer in Sicherheit bringen wollen. Keine Untergangsszenarien à la Hollywood, in denen geplündert wird oder gar brutale Übergriffe stattfinden.
Nun, wenn man ehrlich ist, werden gar nicht die eigenen Besitztümer gerettet, sondern die auf dem Rettungsweg ausliegenden Güter aufgeklaubt. Die Verbindung von der Stadt zum Festland wird zu Beginn aufwändig aus Plättchen ausgelegt. Die Spieler sammeln diese durch die Bewegung ihrer Figuren sukzessive ein. Sieben unterschiedliche Gegenstände mit sieben unterschiedlichen Werten von eins bis fünf sind im Angebot, Karten mit deren Abbildungen sorgen fürs Vorankommen. Für eine ausgespielte Karte wird eine beliebige eigene Figur auf das entsprechende nächste Feld gezogen. Da ein Zug nur auf einem leeren Feld beendet werden darf, müssen womöglich weitere Karten zur Bewegung verwendet werden, bis diese Bedingung erfüllt ist. Aufsammeln darf dieser Spieler nun den Gegenstand hinter der gerade gezogenen Figur. Klar, dass jeder versucht, die wertvollen 6er und 7er Plättchen abzugreifen! Nur leider gibt die eigene Kartenhand nicht immer den gewünschten Zug her.
Auf diese Weise entstehen schon bald die ersten Löcher. Noch nicht direkt zu Beginn, denn zunächst liegen immer zwei Plättchen übereinander. Doch schon bald strömt ein kleiner Atlanti über den Fluchtweg. Immer größer werden im Laufe des Spiels die Fluten. Und ab jetzt wird’s heikel – und womöglich teuer. Denn das Überwinden von Wasser kostet. Der kleinere Plättchenwert am Wasserrand bestimmt den Preis. Wer mit seinen Figuren schon weiter vorn ist, lässt gerne teure Lücken zurück. Denn zu bezahlen ist entweder mit Karten oder mit früher eingesammelten Gegenständen – beides zählt am Ende des Spiels auch als Siegpunkte. Zum Glück hat jeder eine Brücke, die einmalig bei großer Geldnot errichtet werden darf und von nun an für die Überquerung eines Atlantis einen kostenlosen Übergang erlaubt.
Wer mit einer Figur das rettende Festland erreicht, erhält von nun an mehr Kartennachschub. Sobald ein Spieler alle Figuren ans Ufer gezogen hat, endet das Spiel. Alle anderen müssen nun noch die Atlanti-Überquerungen ihrer verbleibenden Figuren bezahlen. Das kann mächtig teuer werden!
Um einen guten Zug zu finden, bedarf es zweierlei: Zum einen scharfes Hinsehen. Wohin gelange ich mit welcher Kombination aus Karte und Figur? Eine kurze Überlegung zum Folgezug kann auch nicht schaden. Das eine oder andere Gähnen der wartenden Mitfliehenden mag man in dem Moment getrost überhören. Allerdings nur, um im nächsten Moment selbst mehr oder minder dezent ein Gähnen zu unterdrücken. Denn die Grübelphasen können sich etwas ziehen. Doch es lohnt sich, genau hinzusehen. Mit steigender Erfahrung erhält man mehr Überblick und sieht mehr Möglichkeiten. Der Spielreiz nimmt also mit weiteren Partien zu.
Andererseits ist auch ein glückliches Händchen beim Kartenziehen hilfreich. Denn nicht jede Kartensorte ist immer gleich hilfreich. Wem besonders an neuen Karten gelegen ist, kann gar Siegpunktplättchen im Kurs von 2:1 in Karten tauschen und damit sozusagen auf höheren Siegpunktertrag durch hoffentlich bessere Karten wetten. Denn auch Karten zählen je einen Siegpunkt. Nicht zuletzt dieser Aspekt macht es umso attraktiver, wegen des steigenden Kartennachschubs schon einmal eine Figur ins Ziel zu ziehen.
Prädikat: Pausentatze |
Prädikat: 1 von 3 Inseln |
Insgesamt stehe ich Atlantis etwas zwiespältig gegenüber. Spiele mit Grübelpotenzial haben es durchaus schwerer bei mir, das gebe ich gerne zu. Der reine Zähl- und Optimiermechanismus spielt sich trotz des wasserreichen Themas eher trocken. Doch obwohl es einbahnstraßenähnlich immer in eine Richtung geht, verläuft das Spiel nicht eindimensional. Es gilt abzuwägen: Tempo oder Qualität? Denn wer zugunsten der Geschwindigkeit immer nur Gegenstände von geringem Wert einsammelt, kann gegenüber sorgfältigeren und wertschätzenderen Spielern das Nachsehen haben! Interessant ist auch die Frage: Wann setze ich meine Brücke ein? Sie aufzuheben bringt keine Vorteile wie etwa Siegpunkte. Doch ist eine Brücke ab dem Zeitpunkt ihrer Einweihung Allgemeingut und spart den Mitspielern genauso Siegpunkte ein wie mir. Spätestens in dem Moment, in dem ich dann doch wieder abzuwägen beginne, packt mich das Spiel dann doch…