Die Akteure: Die Mondpriesterin, der Tempelwächter, der Baumeister, die Novizen und der Abtrünnige. Wenn das mal keine illustre Gesellschaft ist! So ganz anders als Ritter und Adelsleute aus üblichen Schauplätzen im Mittelalter. Die Schauplätze: Die Mondwarte, Priesterinseln, die Tempelinsel mit Meditationsraum und Priesterrat. Spielplan und Material sind schonmal der erste Hingucker. Auch wenn das Vokabular fürs Spielmaterial und die Orte auf der Landschaft dadurch etwas aufwändiger einzuüben ist.

Zunächst stehen zwei Aufgaben an: Der durchaus aufwändige Aufbau und die sorgfältige Erklärung des Spielprinzips. Letzteres freilich nur, falls in der Gruppe ein Luna-Neuling dabei ist. Der Erklärbär wird dann einen stummen Dank an den Designer der Spielhilfe schicken: Alle benötigten Infos sind enthalten – und die Übersicht eignet sich hervorragend zum Erklären! Und das ist nicht selbstverständlich, denn es gibt viel zu erläutern. Wer schließlich seinen ersten Zug durchführt, hat die Wahl aus sage und schreibe 14 (!) Aktionsmöglichkeiten.

Bild von Luna

Womit sich wohl von selbst erklärt, weshalb diese Rezension keine vollständige Wiedergabe der Regeln enthalten kann (wer liest eigentlich solche reinen Regelnacherzählungen wirklich komplett durch?). Motor des Spiels sind die Aktionsnovizen: Die zentralen Vorgänge erfordern zwei Novizen zur Aktivierung. Auf den sieben Inseln rund um die Tempelinsel bestimmt der Ort, welche Art von Aktion „gespeichert“ werden kann. Denn zunächst erhält der Spieler einen Aktionsmarker, der später eingesetzt wird. Um handlungsfähig zu sein, müssen also Novizen auf die passenden Inseln gelangen. Doch auch die Bewegung zwischen den Inseln kostet Aktionen – sei es durch Deaktivieren von Novizen oder geschickter Ausnutzung von zuvor gespeicherten Aktionsmarkern.

Das hört sich alles sehr verwirrend an? Ich verspreche Ihnen, dass der Moment der Erleuchtung nicht zu lange auf sich warten lässt. Auch wenn im Spiel selbst das Licht immer wieder ausgepustet wird. Jeder der sechs ingesamt zu spielenden Durchgängen endet nämlich mit dem Abbrennen der Kerze. Wer keine Aktion mehr durchführen kann oder will, läutet das Ende der Runde ein. Drei Vorwarnungen gibt es, bis schließlich das vierte Läuten das Ende besiegelt. Nach einer Zwischenwertung beginnt der nächste Durchgang.

A propos Wertung: Luna ist ein Hamsterspiel. Siegpunkte sind während der gesamten Partie zu holen. Auf die Schlusswertung sollte man bereits vom ersten Zug an spielen, denn beispielsweise der Bau von Kultstätten erfordert die Anwesenheit des Baumeisters. Und der ist in jedem Durchgang auf einer anderen Insel – nur wer stetig hinterherreist, kann bauen und so vier Punkte pro Stätte einfahren. Klar, dass fürs Bauen die passende gespeicherte Aktion nötig ist. Weitere Siegpunkte auf den Priesterinseln sind durch Anwesenheit bei der ebenfalls umherziehenden Mondpriesterin zu holen – in Siegpunktvernichtung hingegen übt sich der Abtrünnige. Eine grundlegende Novizendynamik wird durch dieses Gefüge der Protagonisten sichergestellt.

Noch gar nicht die Rede war vom Tempel. Hierher Einlass zu erhalten, ist das Ziel jedes demütigen Novizen. Pro Durchgang öffnet der Tempel seine Pforten für so viele Novizen, wie Spieler am Tisch sitzen. Wer per gespeicherter Aktion sein Geldsäckel öffnet und dem Wächter sein Scherflein zusteckt, darf schon früher rein. Für jeden eingelassenen Novizen sind Siegpunkte drin – im ersten Durchgang stolze sechs, im letzten jedoch nur noch zwei. Und bereits eingesetzte Novizen tragen in den Zwischenwertungen pro Runde stetig einen Punkt heim. Solange sie beten jedenfalls. Denn später eintreffende Novizen können ihre Kollegen auch mal hinausschicken. Ein weiteres Stellschräubchen, das es zu bedenken gilt.

Ein Durchgang bei Luna kann sehr unterschiedlich lang sein. Manches Mal entspannen sich lange Aktionsketten. Jeder hat viel zu tun. Durch gespeicherte Aktionen werden Novizen reaktiviert, um nach ihrer Versetzung erneut woanders tätig zu werden. Im nächsten Durchgang kann dies anders aussehen: Ein Spieler sieht schon schnell seine Möglichkeiten erschöpft und pustet fleißig die Kerzen aus. Da gilt es, das richtige Gefühl zu entwickeln, welche Aktionen rechtzeitig durchgeführt werden müssen: Kultstätten bauen, auf den Abtrünnigen aufpassen (oder diesen gar per Aktion zu versetzen – was die Mitspieler sicher hööööchst erfreuen wird, hehe), Besuche im Tempel einplanen, oder gar das zunächst oft eher verschmähte Buch einsammeln. Mit diesem werden betende Novizen vor der Vertreibung aus dem Tempel geschützt.

Luna teilt dasselbe Schicksal wie zum Beispiel [cref troyes]: Es entfaltet seinen Reiz beim Spielen. Und zwar nicht notwendig direkt bei der ersten Partie! Beim Kennenlernspiel überblickt man nicht gleich alle Möglichkeiten und lässt sich womöglich von den „low hanging fruits“ verführen – und setzt beispielsweise (zu) viele Aktionen für Bild von 1 von 3 Priestern
Prädikat
:
1 von 3 Priestern
die Mehrheit bei der Mondpriesterin ein. Mit mehr Erfahrung nimmt der Weitblick zu und mit ihm die erzielte Siegpunktzahl. Die Wege zur Optimierung sind vielfältig, und einen Kardinalsweg konnte ich in meinen Partien nicht erkennen (der Tipp „Verzetteln Sie sich nicht!“ ist wohl ein „No-brainer“). Die Möglichkeiten zu erkunden lohnt sich. Als abschließende Phrase passt also „Viele Wege führen zu Luna“ besser als „Die Wege der Mondpriesterin sind unergründlich“.

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