Spielen ist eine emotionale Beschäftigung. Man siegt oder verliert, darf die anderen mal piesacken oder über den Tisch ziehen – und sich selbst gründlich ärgern, die Würfel verfluchen, wenn sie schlechte Ergebnisse zeigen und sich die Haare über selbst eingebrockte Suppen raufen. Und manche Partie ist so denkwürdig, dass man noch Jahre später erzählt: „Weißt du noch, als bei [den Siedlern alle in Schafen ertrunken sind|Tichu einer mit keiner Karte über der 10 sein Tichu durchbrachte|als die Katze kurz vor Ende der Wallenstein-Partie auf den Tisch gesprungen ist|…hier die eigene Geschichte eintragen…]?“
Eines der Spiele, das für uns einen besonderen Erinnerungs- und Erlebniswert hat, ist McMulti. Auf unserem ersten Spielewochenende, ziemlich am Anfang unserer Vielspielerzeit, lernten wir nicht nur viele freundliche Mitspieler kennen, mit denen wir auch in diesem Jahr wieder vielseitige Partien erleben durften. Sondern wir lernten auch mit McMulti die Faszination alter Spieleschätzchen kennen. Die pralle Ausstattung mit detailliert modellierten Tankstellen, Raffinerien, Ölpumpen und -türmen sowie Benzin- und Ölfässern benötigte kaum Überredungskunst. Zudem darf man bei McMulti mit dem dicken Geld wedeln.
Neben dem Material bietet McMulti den Würfelmechanismus: Jeder Spieler baut im eigenen Viertel des Spielplans auf einem sechs mal sechs Felder großen Bereich seine Anlagen auf. Wer an der Reihe ist, würfelt. Ein Würfel aktiviert eine Spalte dieses Bereichs, der andere eine Zeile – ihre Farben sorgen für eine eindeutige Zuordnung. Und wenn ich würfele, erhält mein rechte Nachbar in seinem Bereich dieselbe Zeile aktiviert wie ich – und mein linker Nachbar bei sich dieselbe Reihe. Auf diese Weise bin ich nur dann aufs Zusehen beschränkt, wenn mein Gegenüber würfelt. Klar, umgekehrt bedeutet dies: McMulti spielt sich am besten zu viert! Denn nur dann macht es wirklich Spaß, wenn wirklich jeder Würfelwurf in alle Richtungen Öl und Benzin produzieren kann.
Die Produktionsketten umfassen: Ölfelder finden (mit Türmen, die von beiden Würfeln im eigenen Zug „getroffen“ werden müssen), Öl produzieren (von Pumpen, die beim Finden von Ölfeldern errichtet worden sind), Öl zu Benzin raffinieren (mit Raffinerien, die insgesamt vier Felder abdecken und daher mehr Trefferwahrscheinlichkeit haben), Benzin an Tankstellen verkaufen. Sowohl Öl als auch Benzin kann zusätzlich zu schwankenden Preisen eingekauft werden.
Alle Produktionsgebäude müssen mal teurer, mal günstiger bezahlt werden – je nach Wirtschaftslage. Letztere schwankt einigermaßen zufällig. Im alten McMulti waren hierfür Paschs verantwortlich. Das konnte lange Durststrecken bedeuten. Denn der Hauptmotor zum Spielziel – Erwirtschaftung von 1 Milliarde Dollar (neues McMulti: 750 Millionen) – ist der Verkauf von Benzin. Solange die Wirtschaftslage unverändert ist, nimmt der Erlös immer weiter ab.
Jeder Spieler entwickelt so sein eigenes System, um seine Anlagen möglichst so zu bauen, dass die Würfelergebnisse sie oft aktivieren. Das Glück ist freilich stark im Spiel. Denn wer einen guten Start hat, die ersten Ölpumpem errichten kann und bei hohen Benzinpreisen seine Fässer an den Tankstellen absetzen kann, der spielt sich einen starken Vorsprung heraus. Zwischendurch sorgen zwar Wirtschaftsnachrichten für Ereignisse, die oft genug Sonderzahlungen an die Bank erfordern. In diesem Fall gilt natürlich, dass besonders stark abdrücken muss, wer schon viel besitzt. Doch diese Ereignisse kündigen sich an und erlauben somit meist eine kleine Vorbereitung, um zum Beispiel Geld auf die hohe Kante zu legen.
Im neuen McMulti ändert sich die Wirtschaftslage berechenbarer. Bei jedem Würfelwurf zieht ein Anzeigestein um so viele Felder vorwärts, wie sich die Würfelergebnisse beider Würfel unterscheiden. Beim Pasch bleibt er also stehen – allerdings sorgen diese oft dafür, dass Wirtschaftsnachrichten ausgelöst werden. Bei einem Ergebnis von 1 und 6 rückt der entsprechende Stein dafür aber gleich um fünf Felder vor. Erreicht er das Ende der Skala, ändert sich die Wirtschaftslage.
Für die Spieler ist durchgehend viel zu tun. Die eigenen Anlagen planen, auf einen guten Zeitpunkt zum Kauf hoffen, über den Zukauf zusätzlicher Öl- und Benzinfässer entscheiden, den richtigen Zeitpunkt für den Investitionsstopp finden, sowie gegen Ende des Spiels abschätzen, wann es lohnt, die eigenen Anlagen wieder abzustoßen.
Die Neuauflage macht McMulti überhaupt erst wieder zugänglich für alle Spieler. Lange vorher ließ sich dieses ausstattungsreiche Spiel nur als Sammlerobjekt zu teuren Preisen erhaschen. Wir hatten Glück, bei einem Online-Auktionshaus mal günstig ein Exemplar mit einer fehlenden Ölpumpe und einem leicht reparaturbedürftigen Spielplan zu erstehen. Die Überarbeitung der Neuauflage kann sich sehen lassen. Die Ausstattung mit den Gebäuden wurde weitgehend übernommen, nur die Farbgebung wurde dezent angepasst. Der Spielplan ist ein bisschen anders aufgeteilt, doch die Anordnung der Spieler passt weiterhin gut. Einzig das Spielgeld ist enttäuschend. Anstelle mit großen Geldscheinen ein richtig reiches Gefühl zu haben, müssen die Möchtegernölmultis mit Pappmünzen hantieren. Diese besitzen eine ungeschickte Stückelung zu 5, 10, 25, 50 und 100 Millionen Dollar – und da einzelne Münzgrößen immer wieder ausgehen, muss man ständig in größere Münzen umtauschen. Die redaktionelle Überarbeitung betrifft vor allem Änderung der Wirtschaftslage und die
Prädikat:
1 von 3 AntriebsalternativenWirtschaftsnachrichten. Das sorgt für ausgewogenere Abläufe. Nach wie vor reizt uns McMulti. Durch die Neuauflage haben wir es natürlich sehr gerne wieder gespielt. Ein bisschen würde ich mir für zukünftige Nostalgiepartien eine Mischung wünschen, zum Beispiel das Geld aus dem alten, die Wirtschaftsnachrichten aus dem neuen Spiel. Wobei, das heißt irgendwie, dass wir beide Ausgaben behalten „müssten“. Dem steht allerdings nicht entgegen: Diesen Platz in unserem Regal räumen wir gerne ein.