Nations

Zivilisationen aufbauen über mehrere Zeitalter. Diese Beschreibung eines Spieletitels ist weniger eindeutig als zum Beispiel „Kuscheltiere im Verlies aufzüchten“ oder „kürzeste Verbindung zwischen AKW-Endlager und Spielefabrik schaffen“ oder … (na, welche beiden Spiele sind gemeint?! Spieleprofis wissen natürlich Bescheid!). Trotzdem hörten wir viel Positives über Nations und schlugen daher zu.

Gegenüber den langen Krachern mit „Civilization“ im Namen verspricht Nations eine annehmbare Spieldauer. Soviel schon jetzt: Selbst inklusive Erklären haben wir Nations zu dritt an einem Abend gut bewältigt. Noch lieber begeben wir uns allerdings zu zweit dorthin. In dieser Besetzung ist der Wettstreit der Nationen zwar unmittelbarer und direkter, das Aufbaugefühl aber umso intensiver.

In vier Zeitaltern spielen wir jeweils zwei Spielrunden, bevor es am Ende des Zeitalters zur Wertung kommt. Mit unserer Bevölkerung bewirtschaften wir die Errungenschaften – seien es friedliche Produktionsgebäude oder kriegerische Waffen. Mit Hilfe von Ressourcen wie Getreide, Münzen, Erz füttern wir die Bevölkerung, schaffen neue Karten mit besseren Errungenschaften an und schicken unsere Bevölkerung zum Arbeiten dorthin. Zusätzlich kann es nicht schaden, in Bücher zu investieren. Sie ersetzen nicht nur im Zweifelsfall fehlende Ressourcen, sie können auch in den vier Wertungen für Siegpunkte sorgen. Nämlich dann, wenn man belesener ist als andere.

Jeweils zwei Runden und dann die Wertung, und das insgesamt in vier Zeitaltern – das sorgt für Tempo. Für ein Aufbauspiel erscheint das gar richtig schnell zu sein. Doch es gilt vieles zu beachten. Zu Beginn der Runde gilt es zu entscheiden: Bevölkerungswachstum wagen? In dem Fall muss für genügend Nahrung oder alternativ für Stabilität (noch so eine Art Währung) gesorgt sein. Im Gegenzug kann die neue Bevölkerungseinheit aber auch schaffen gehen und die eigenen Ressourcen mehren. Und wer stetig wächst, baut ein höheres Siegpunktpotenzial auf. Denn jede Einheit kann zum Schluss punkten – wie viel, das hängt von der Errungenschaft ab, auf der sie platziert wurde.

Während der zentralen Aktionsphase jeder Runde führen die Spieler reihum aus verschiedenen Möglichkeiten jeweils eine Aktion aus. Erst wenn alle gepasst haben, endet diese Phase. In einer gemeinsamen Auslage liegen die Karten mit neuen Errungenschaften, Weltwundern, einmaligen Erträgen, Beratern oder Kolonien aus. In drei Reihen mit unterschiedlichen Kosten liegen diese Karten für alle bereit. Nur die dritte, teuerste Reihe wird am Ende der Runde nicht abgeräumt. Für den Kauf gilt es genügend viele Münzen bereitzuhalten. Wer nämlich gar nicht in den Fortschritt investiert, wird auf Dauer das Nachsehen haben. Anstelle des Kartenkaufs kann man seine Bevölkerung durch Bezahlung von Erz auf den Errungenschaften einsetzen. Die dritte Möglichkeit besteht im Anheuern von Architekten für den Bau von Weltwundern, die immer mindestens zwei von diesen benötigen. In jeder Runde steht eine Mindestzahl von diesen zur Verfügung, und ihr Einsatz kostet ebenfalls Erz.

Je besser eine Errungenschaft, desto teurer wird auch das Einsetzen von Bevölkerung auf ihr. Das ist geschickt gelöst. Denn zum einen gilt es, den zum Bezahlen nötigen Rohstoff Erz genauso gut im Nachschub aufzubauen wie die Münzen. Und es verhindert, dass die Spieler sich gegenseitig belauern und Bevölkerungssteine hin- und wieder herversetzen, bis der andere womöglich passt und man selbst einen großen Plan erst jetzt enthüllt. Und da auf dem Spielertableau nur begrenzt Platz ist, sowie jedes Feld nur eine bestimmte Kartenart aufnehmen kann, möchte man in allen diesen Arten vertreten sein – nur so gelingt es, die eigenen Einnahmen zu maximieren und in allen Sparten später Siegpunkte einzufahren.

Überhaupt das Thema Siegpunkte: Jeder von ihnen ist bei Nations hart verdient. Umso mehr schmerzt jeder Verlust, wenn man Ressourcen nicht bezahlen kann oder einen Krieg verliert. Sehr geschickt gelöst ist die militärische Frage. Auf einer Skala zeigt jeder seine aktuelle militärische Stärke an. Unter den Karten befinden sich solche mit einem Krieg. Um einen solchen auszulösen, muss ein Spieler eine solche Karte kaufen – er setzt sodann die Kriegsstärke auf seine eigene aktuelle militärische Stärke. Wer am Ende der Runde diese Kriegsstärke nicht wenigstens erreichen kann, verliert einen Siegpunkt und empfindlich viele Einheiten einer anderen Ressource. Als Pazifist kann es also ratsam sein, selbst mal Münzen zu investieren, um die Runde glimpflich zu überstehen. Denn siehe oben zum Ränkespiel von sich enthüllenden Plänen – lieber kein Risiko einer unsanften Überraschung eingehen.

Bild von Nations
Nations erfordert eine ziemlich gute Planung. Es gilt letztlich fünf „Währungen“ im Blick zu behalten. Zwei Ereignisse pro Runde sorgen immer wieder für Gewinne und Verluste à la „der mit den meisten kriegt“ und „der mit den wenigsten muss abgeben“. Noch mehr zu beachten! Und dann ist da noch die Kartenauslage. Sie kann den Rundenablauf sehr stark prägen und den Wunsch nach einer frühen Position in der Spielreihenfolge wecken – wofür übrigens Pazifismus hinderlich ist, entscheidet doch die militärische Stärke für die Zugfolge. Denn wenn bestimmte Kartentypen ersehnt, aber knapp vertreten sind, freut sich nunmal der vorn sitzende Spieler.

Bemerkenswert ist die Materialfülle. Die Counter für die verschiedenen Ressourcen sind dabei weniger zu nennen als die vielen Karten. Nur einen Bruchteil der Karten pro Zeitalter spielt überhaupt mit – auf eine bestimmte Karte zu hoffen wäre also in höchstem Maße optimistisch. Für Abwechslung und unterschiedlich verlaufende Partien ist damit natürlich satt gesorgt. Ob man die Ausstattung und Illustration nun hübsch findet … nun ja, das ist wohl Geschmackssache. Nur so viel: Die Grafik wurde nicht von Michael Menzel gestaltet. Und auch nicht von Dennis Lohausen oder Marie Cardouat oder [… hier eigene/n Lieblingsgrafiker/in einsetzen].

Bild von 1 von 3 Freiheitsstatuen
Prädikat
:
1 von 3 Freiheitsstatuen

Etwas ärgerlich ist die Ungenauigkeit der Spielregel. Durch die vielen Karten entstehen freilich Regelfragen. Und für manche von ihnen half uns nur der Griff zum Internet. Der Download der FAQ ist dringend anzuraten. Abgesehen von den genannten Abstrichen bleibt ein gut konstruiertes, wenn auch wenig innovatives Aufbauspiel. Durch die angenehme Spieldauer und die recht flotte Taktung der Zeitalter kommt das Aufbauelement gut zum Tragen und sorgt für einen angenehmen Spannungsbogen bis zum Schluss.

2 Kommentare

  1. Hallo,

    du schreibst: “ Nur einen Bruchteil der Karten pro Zeitalter spielt überhaupt mit – „.
    Das stimmt nur, wenn man mit weniger als 4 Leuten spielt. und nicht mit nur den Grundkarten. Beim Spiel zu fünft muss man ja schon die Fortgeschrittenen-Karten hinzu nehmen, damit es reicht.
    Also dann von ‚bemerkenswerter Materialfülle‘ zu reden …. naja, da muss man schon davon ausgehen, auch Fortgeschrittenen- (oder auch Experten-) Karten dazuzunehmen.

    Gruß Tournesol

    P.S.:Grammatikalisch richtig: „Nur ein Bruchteil …“.
    — Und schade, dass man wissen muss, dass die 3 Felder (unter ‚Mein Kommentar‘) Mussfelder sind und was sie bedeuten. Habe daher alles 2 mal tippen dürfen :-{ .

    • Danke für deinen Kommentar. Wir haben von Anfang an mit allen Karten gespielt – in der ersten Partie eher unbeabsichtigt, danach haben wir entschieden dabei zu bleiben. Und wie schon geschrieben haben wir vor allem zu dritt und zu zweit gespielt. Gerade sind wir zu zweit dabei, die jeweils gespielten Karten einfach nach unten in den Kartenstapel zu nehmen, um nach und nach mal alle Karten durchzuspielen.

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