Und schon wieder gibt es keine vollwertige Rezension, dafür war es in den letzten Wochen einfach zu heiß. Aber wir haben uns endlich mal Patchistory vorgeknöpft. Es ist aufwendig solche Spiele zu besprechen, nur die wenigsten können uns so begeistern, dass wir Lust auf eine größere Testserie haben.
Ich vermute aber auch, dass es den meisten Spielerunden ähnlich geht und so viele hochgelobte Strategiebrocken nach einer oder keiner Kennenlernpartie mit dem Versprechen „das müssen wir bald nochmal spielen, um es wirklich zu verstehen“ auf immer auf einen Ehrenplatz im Spieleregal verbannt. Das ist auch nicht schlimm, genauso wie ein langer Kinofilm nur einmal gesehen oder ein dickes Buch nur einmal gelesen wird, gibt es doch gar keinen Grund Spiele nicht nur einmal genießen zu dürfen. Aber dann sollte eben diese erste Partie ein Gefühl der Zufriedenheit hinterlassen.
Also gibt es heute einen Bericht über die Frage, ob es sich lohnt, Patchistory einmal zu spielen. Nun ist Patchistory ein reichlich überraschend aggressives Spiel, das viele Gestaltungsmöglichkeiten bietet und wahrscheinlich jedes Mal anders verläuft. Damit sollte eine zweite, dritte, vierte Partie eigentlich auch anstehen, wir wollen es auch aufs nächste Spielewochenende mitnehemen oder mal zu zweit spielen – versprochen – Ehrenwort – … – wirklich. Bis dahin darf es gleich neben Roads & Boats stehen, das wollten wir auch immer mal wieder spielen, dazu gibt es auch noch tolle Erweiterungen.
Patchistory heißt Patchistory, weil im Laufe des Spiels Landkarten aus Ereignissen und Fortschritten der Zivilisationen der Spieler entstehen. Wie ein Flickenteppich werden Karten über- und untereinander gelegt. Je nachdem was sichtbar ist oder wieder verdeckt wird, verändern sich die Kräfte und Einnahmen der Spieler. Fünfzehn Versteigerungen solcher Karten per „Evo“-Prinzip gibt es im Spiel. Dieser Patchen der Gesellschaft ist hochinteressant und überaus spaßig. Der Rest des Spiels bringt aber wenig Neues. Es gibt Arbeiter, Nahrung, Kulturpunkte, Krieg und Frieden, Epochen und so weiter und so fort Wenn keine Namensstreitereien zu befürchten wären, könnte der Titel auch Patch-Nations oder Patch-Im-Wandel-der-Zeiten lauten.
Die größere Tücke des Spiels liegt aber in den allzu vielen Ecken und Kanten. Schon das Lesen der Regeln hinterlässt mehr als drei ??? Im Spiel kommt ständig das Gefühl auf, einen unfertigen Prototypen mit gehörigem Potenzial zu spielen. So geht das Spiel über drei Epochen, die beiden ersten entwickeln sich aber sehr langsam, dafür passiert so ziemlich alles im letzten Drittel. Kleine Unterschiede haben riesige Auswirkungen. Es ist attraktiv, auf Verlierer nochmal extra draufzuhauen, und am Ende entscheidet doch nur der pure Zufall über Sieg oder Niederlage.
Es könnte natürlich sein, dass all dies in einer weiteren Runde nicht wieder passiert und mit erfahrenen Spielern sich ein herausfordernder Reigen wechselnder Fronten zwischen Handel und Krieg ergibt. Es kann aber auch sein, dass wir dann lieber ein anderes Spiel ein erstes Mal probieren oder ein wirklich gutes Spiel immer wieder auspacken, bevor wir weitere drei bis vier Stunden mit Patchen der Geschichte verbringen.
Vielleicht schafft es ein Redakteur, Patchistory gründlich zu überarbeiten und dabei viele der Mechanismen zu reduzieren. Ich befürchte aber, dass dann noch nicht einmal vom Patchen viel übrigbleibt und damit Patchistory zu einem völlig anderem Spiel wird. Dann ist es aber vielleicht einfacher gleich ein gutes Spiel zu entwerfen.
Hmmm, die Regel hat bei uns eigentlich alle Fragen geklärt und gerade die Ecken und Kanten empfanden wir als angenehme Abwechslung in der glattgebügelten Spielewelt…
Hallo Timo,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Es freut mich, dass ihr mit den Regeln gut klargekommen seid und viel Spaß mit diesem Spiel hattet!
Ein totaler Durchfall war es bei uns ja auch mitnichten, allerdings haben wir uns an einigen Detailfragen gerieben. Etwa: Man setzt seine Politikpunkte ein. So richtig gibt es aber keine Info, wie man nachhält, ob das jeder auch korrekt macht. Wir haben es dann so gehandhabt, dass wir den lila Marker einfach runterbewegt haben, bis alle Punkte verbraucht waren. In der Production Phase haben wir ihn dann wieder auf den Stand der eigenen Auslage gesetzt. Vielleicht wäre hier aber eine Lösung mit normalem Markierungsstein, der die Auslage repräsentiert, und kleinem Stein, den man bewegt, übersichtlicher gewesen. Außerdem fanden wir viele der Personen oder Wunder nicht ganz selbsterklärend.
Klar: Wer einigermaßen spielerfahren ist und mehrere Partien Patchistory spielt, wird das ruckzuck im Griff haben. Wir konnten für uns auch alle Fragen soweit klären, dass wir während der Partie das Gefühl hatten, es sinnvoll zu spielen.
In diesem Sinne: Viel Spaß mit Patchistory und anderen Spielen wünscht
Kathrin.
Vielen Dank für die Antwort.
Ich habe den – sehr untehaltsam geschriebenen – Text nicht als Verriss aufgefasst. Ich habe mich nur ein wenig darüber gewundert, dass das Regelwerk relativ schlecht wegkommt. 🙂
Das Handling der Politikpunkte haben wir ebenso gehandhabt und es ging ganz gut. Die Wunder und die Persönlichkeiten konnten nach kurzer Diskussion geklärt werden – die Auslegung der Karten bei manchen FFG-Spielen bereitet uns deutlich öfter Probleme.
Wir haben festgestellt, dass ein Krieg oft sehr schnell sehr teuer werden kann, so dass die Partien weitestgehend friedlich abliefen. Und wenn man sich für den Krieg rüstet, ist man in anderen Bereichen schwach. Eindeutige Siegstrategien konnten wir bislang nicht feststellen.
Und obwohl Krieg recht selten ist, hat Patchistory ein großes Ärgerpotential. Das fängt bei Versteigerungen an (und selbst erfahrenen Spieler können sehr schnell ins Hintertreffen geraten, wenn sie für teuer Geld eine ungewollte Karte zum Patchen erwerben), läuft ber das verdeckte Bieten mit Ressourcen im Kriegsfall und geht bis hin zu den Abstimmungen über die Punktekarten ( wenn z.B. die Karten, auf die man hingearbeitet hat, gar nicht zur Abstimmung zur Verfügung stehen).
Am Ende muss man mit gewissen Unwägbarkeiten leben können, und ab und zu auch damit, dass eine Partie im Extremfall für einen Spieler komplett in die Hose gehen kann. Aber das ist für mich eher eine Stärke des Spiels. Es überrascht immer wieder und verucht nicht, durch verschiedene Ausgleichsmechanismen die Spieler möglichst dicht beienander zu halten. Es ist halt nicht egal, was passiert.
Die größte Schwäche liegt für mich im Spiel mit 2 Spielern. Zwar funktioniert die Versteigerung noch sehr gut, allerdings funktioniert die Abstimmung über die Punktekarten überhaupt nicht.
Am Ende ist Patchistory sicherlich nicht das perfekte Civ-Spiel (wir greifen insgesamt auch eher zu Nations), aber sorgt isngesamt doch fü drei bis vier Stunden solide Unterhaltung.
Viele Grüße
Timo