Samarkand

Manchmal ist das Geniale nahe liegend: Dass Samarkand einst als Eisenbahnspiel konzipiert war, ist den Regeln noch gut anzumerken. Das unverbrauchte Thema – Heirat im Orient – passt aber auch mindestens genauso gut. Aus Eisenbahnen wurden Kamele, aus Aktien Handelsfamilien, und schon spricht das Spiel gänzlich andere Spielerkreise an.

Samarkand ist ein schnelles Spiel. Es gleicht weniger einer gemächlichen Karawane durch heißen Wüstensand, sondern mehr einem hektischen Kamelrennen. Es gilt in Familien einzuheiraten, um ihre Kamele zum Ausbau von Handelsrouten nutzen zu dürfen. Wer am Zug ist, heiratet entweder ein weiteres Mal oder legt Kamele einer seiner Familien auf den Spielplan. Hochzeiten kosten Geld und bringt dafür Warenkarten mit großem Siegpunktpotential. Dafür müssen aber Kamelkarawanen an passenden Feldern vorüberziehen. Treffen sich Karawanen zweier Familien, kommt es zu großen Festivitäten, und alle Familienmitglieder werden mit Geld reich beschenkt.

Bild von Samarkand

Durfte jede Familie mindestens einmal feiern, oder wurde eine Familie fünf Mal besucht, endet das Spiel sofort. Alles gehortete Geld und alle Waren sind nun Siegpunkte wert, und einer gewinnt. Dies geschieht sehr, sehr viel schneller als vermutet.

Im Prinzip waren dies alle Regeln, es gibt nur noch ein paar leicht hakelige Bestimmmungen beim Heiraten und für die Auswertung der Warenkarten. Diese zu erklären sowie ein reichlich unübersichtlicher Spielplan sind die einzigen Gründe, die eine Partie etwas abbremsen können. Regelmäßig gibt es nach wenigen Zügen erstaunte Gesichter: „Huch, schon vorbei!“ Deshalb ist ein gutes Timing wichtig, um bei Samarkand erfolgreich mitheiraten zu können. So kostet jede Heirat erstmal 3 bis 6 Siegpunkte und einen ganzen Zug. Dafür erhöht sich durch sie das Siegpunktpotenzial ganz gewaltig. Somit gilt es genau abzuwägen, wann und wie oft geheiratet werden soll. Die Kamelzüge ergeben sich dann fast von selbst.

Bild von 1 von 3 Hochzeiten
Prädikat
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1 von 3 Hochzeiten

Samarkand ist einer meiner wenigen Favoriten unter den Neuerscheinungen dieses Frühjahrs, da es kürzer und angenehm anders als übliche Strategiespiele ist. Bei meinen Mitspielern kam es allerdings nicht so gut an. Vermutlich fehlen ihnen die Eisenbahnen, vielleicht ist es ihnen auch zu kurz oder nicht tiefgründig genug. Denn großartige Variationen und Taktiken lässt Samarkand nicht zu. Es ist halt ein Kamelrennen.

3 Kommentare

  1. Wie ist Deine Meinung zum Startspielervorteil? Hätte der nicht irgendwie mit einer Regel aufgefangen werden müssen?

    Zudem: Nix gegen kurze strategische Spiele, aber lediglich 5 Züge in einer Partie zu fünft, was durchaus geschehen mag, das ist dann doch arg mager ….

  2. Hallo Dieter,

    ein paar Überlegungen zum Startspieler:

    Viele Punkte werden sicherlich durch die Karten gemacht, und der Anschluss von Waren kann auch von dem anderen Familienmitglied (wenn zwei Mal eingeheiratet wude) vollzogen werden. Immerhin gibt es einen Punkt für den Warenchip, unabhängig vom Besitz der passenden Karte.

    Allgemein gilt: Wer hinten sitzt, kann in Familien einheiraten, die bereits eingeheiratete, weiter vorne sitzende Mitglieder haben. Dies kann gut sein, wenn z.B. Handelsverbindungen Geld bringen. Es kann schlecht sein, wenn z.B. die anderen Familieneinflussnehmer in die „falsche“ Richtung ziehen.

    Will insgesamt sagen: Ich glaube nicht, dass die Erwirtschaftung von Siegpunkten wesentlich davon abhängt, ob man einen Zug mehr oder weniger hat. Ein Zug weniger kann mehr als kompensiert werden durch die geschickte Wahl der Familie. Die Wechselwirkungen der Züge anderer Spieler mit meiner Situation sind groß genug, um keine Rechnung zu erlauben „ich muss in meinem Zug im Mittel x Siegpunkte erwirtschaften“. Wichtiger ist es, sein Handkartenlimit auszuschöpfen und genügend, sowie die richtigen Karten zu ziehen.

    Alles Gute von
    Kathrin.

  3. Ich hab es mal wie folgt probiert: In all meinen Partien habe ich meine Mitspieler gefragt, ob ich als Letzter in der Runde zum Zuge kommen durfte. Und interressanterweise wurde ich wirklich (m. E.) von Partie zu Partie erfolgreicher. Zwar hatte ich in diesen sechs Partien immer einen Zug weniger als andere am Tisch, aber in zwei Fällen reichte mein vorheriger „Vorsprung“ aus. In zwei Partien aber konnte der „Schlussspieler“ wirklich noch ganz dicke Züge – un damit den Spielsieg – erringen.

    Ich glaube daher eigentlich immer noch: Die Redaktion beim Verlag hat den bequemen Weg für Gelegenheitsspieler gewählt und den Schluss so simpel wie möglich gestzt. Aber man kann damit leben ….

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