Wohltuend erschöpft fuhren wir auch dieses Jahr nach dem Ende der Spieletage direkt in den wohlverdienten Spieleurlaub. Dieses Jahr ging die Reise in die Fränkische Schweiz. Dort mieteten wir uns in der kleinen Burg „Schloss Plankenfels“ im gleichnamigen Ort ein. Kleine Ausflüge und Wanderungen, zünftige Brotzeiten sowie lokales Bier unterbrachen nur hin und wieder die konzentrierte Spielatmosphäre.
Während unserer spielerischen Nachlese zu Essen erspielten wir uns einige weitere Eindrücke. Dabei war das Sortiment des neuen Jahrgangs noch längst nicht komplett. Zumindest konnten wir insbesondere die in den Ranglisten weit vorn platzierten Spiele Dungeon Lords und Carson City testen.
Dungeon Lords erinnerte uns an alte Dungeon Keeper Zeiten am Computer. Der aufs Brett gezauberte Spielmechanismus überzeugte uns. In mehreren Runden bereiten sich die Spieler auf den Angriff der Helden vor. Gewürzt mit einer Menge pfiffiger Ideen fühlten wir uns tief ins Verlies versetzt und fieberten dem Ansturm der Abenteurer entgegen. Unser Fazit: Zu Recht schaffte es Dungeon Lords in die oberen Ränge der Umfragen von Fairplay und Boardgamegeek!
Auch auf Carson City waren wir gespannt – auf der Messe war einiges Gutes über das Spiel zu hören und im Laufe des Sonntags vermeldete der Verlag QWG: Ausverkauft! Der Einsetzmechanismus erinnert entfernt an Caylus. Die auf dem Hauptspielplan entstehende Westernstadt entwickelt sich durch immer mehr Gebäude nach und nach und erlaubt immer lukrativere Einnahmen. Wesentlicher Unterschied zu Caylus: Umkämpfte Positionen auf der Einsetzleiste oder dem Spielplan können per Duell strittig gemacht werden! Hieran knüpft allerdings unser leiser Kritikpunkt am ansonsten atmosphärisch und thematisch umgesetzten Spiel: Wer sich bereits durch die Ansammlung vieler Pistolen stark gemacht hat, ist kaum noch angreifbar. Agressives Spiel zahlt sich aus. Wer dabei aus der Röhre guckt, verliert schnell den Spaß.
Von den Spielen Filipino Fruit Market und Funkenschlag – Fabrikmanager berichteten wir schon am Donnerstag bzw. Samstag. Beide spielten wir erneut, und beide überzeugten nochmals. Das Spiel von Friedemann Friese bietet vor allem den reizvollen „Roll“-Mechanismus, durch den die Spieler reihum entscheiden, welche Maschinen sie überhaupt ins Angebot der laufenden Runde bringen. Beim Kartenspiel aus dem Bambus Spieleverlag lernten wir die zweite Variante „Bastos“ kennen, in der die verschiedenen Kartenfarben erst während einer Runde ihren Wert erhalten. Bei der Abrechnung zählen alle Karten der gewonnenen Stiche mit diesen Punktzahlen. Unser Fazit ist unverändert: Ungewöhnliche Stichspiele, die zum Erkunden einladen!
Zwei weitere Vertreter der komplexen Spiele schafften es in unseren Stapel der Urlaubsfavoriten: In der ersten Partie Last Train to Wensleydale erzielten wir sicherlich noch nicht die optimale Balance aus Transport und Investition – und auch der Zeitpunkt zur Verstaatlichung eines Streckenabschnitts erfordert die richtige Planung. Ganz klar: Weiterer Käse will abgeholt werden. Zum Glück stehen uns auch einige Spieletermine an Wochenenden bevor! In Dirk Henns neuem Spiel Colonia erwerben die Spieler als Vertreter reicher Kölner Familien Reliquien. In einer schlüssigen Abfolge entlang der sieben Wochentage werden Rohstoffe in Handelswaren umgewandelt, die wiederum verkauft und in deren Erlös in die kirchlichen Preziosen umgesetzt werden. Besonders das Management der Ressource „Famillienmitglieder“ zur Abwicklung der unterschiedlichen Aktionen will geschickt gewählt sein.
Der Argentum Verlag begeisterte uns mit Hansa Teutonica. Jeder Spieler setzt seine Schwerpunkt selbst: Schnell Verbindungen über den Spielplan bauen? Oder zunächst die eigenen Fähigkeiten ausbauen, um etwa mehr Aktionen pro Zug oder bessere Einsatzmöglichkeiten zu erzielen? Obwohl es ein Spiel der Gattung „die Spieler sind reihum am Zug und geben Aktionspunkte aus“ ist, kam es uns zu keinem Zeitpunkt lang vor. Viele Wege führen zu Siegpunkten. Definitiv kein Spiel, das nach der ersten Partie vollständig ausgelotet ist. Jenes zitierte Lot werden wir aber in den kommenden Wochen gerne weiter bemühen.
San Francisco Cable Car ist eigentlich eine Neuauflage. Als Metro war es im Jahr 2000 auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Mit runderneuerter Grafik und einer neuen Spielvariante hat es an Reiz nichts verloren – die neue Variante, in der die Spieler verdeckte Anteile an den Zugfarben erwerben, verleiht dem Spiel sogar eine neue Würze. Womit das Stichwort für die zweite, aus unserer Sicht erfolgreiche Neuauflage gegeben wäre. À la Carte erfordert die richtige Mischung an Gewürzen, die passende Hitze und – im Fall des Crêpe – auch mal den richtigen Schwung aus dem Handgelenk. Im Bericht vom Mittwoch war bereits ein Foto enthalten, mittlerweile köchelten und versalzten wir das eine oder andere Gericht mit großer Begeisterung. Es muss halt nicht immer Strategie sein!
Als dritte Neuauflage im Bunde schlugen wir bei Zero zu. Dieses kleine Kartenspielchen war bereits 1998 beim Verlag Berliner Spielkarten erhältlich. Zwar ist der Sammelmechanismus nicht wirklich neuartig, aber das Zusammenspiel aus der Wertung (neun Karten ergänzen sich idealerweise zu einer Kombination mit fünf gleichen Zahlen und fünf gleichen Farben – wobei eine Karte logischerweise in beiden Kombinationen enthalten ist) und der Spannung beim Kartentausch („Ist meine gewünschte Karte noch im Angebot, wenn ich dran bin?!“) ergibt ein kurzweiliges und spielenswertes Vergnügen. Mit Fzzzt! schaffte es ein weiteres knackiges Kartenspiel unter unsere Urlaubslieblinge. Der Bietmechanismus erlaubt den Einsatz von bis zu sechs Karten. Es gilt, die passenden Karten zu erwerben – doch die siegpunktträchtigen Karten sind nicht unbedingt diejenigen, die das Ersteigern erleichtern …
Bereits in der englischen Ausgabe seit einigen Monaten spielbar ist Im Wandel der Zeiten – Das Würfelspiel. Mit der deutschen Ausgabe gelangt es nun auch in unsere Sammlung. Zum Abschluss unserer Spieletage schließlich zockten wir gerne ein Altbewährtes: Tichu oder Time’s Up! – zu letzterem bescherte uns die Messe die „Game Geek Edition“, in der Spieletitel oder -autoren zu erraten sind.
Wer immer noch nicht genug über die Spielemesse gelesen hat, dem sei abschließend noch der Bericht von Thomas Reh empfohlen: spielblog.spielen-geht-immer.de/2009/10/29/nach-der-spiel-ist-vor-der-spiel/
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Ich möchte noch mal betonen, dass wir nur in den Spielpausen Bier getrunken haben, niemals beim Brettspielen 😉
….. und dabei ist das fränkische Bier einfach Weltklasse. Neidvolle Grüße aus dem Münsterland