Sushizock im Gockelwok

Ein wichtiges Anliegen dieses Blogs soll auch der sprichwörtliche Blick über den Suppentellerrand der Spielerszene hinaus sein. Das Teekesselchen Essen steht zum Beispiel nicht nur für den Ort der alljährlichen Spielerzusammenkunft, es umfasst auch einige Formen der Nahrungsaufnahme. Doch gibt es noch andere enge Verbindungen zwischen Essen und Spiel. Der vielleicht berühmteste ist vielleicht die Aufforderung von Morticia Addams an ihre Tochter Wednesday:

Spiel doch noch ein wenig mit deinem Essen!

In der Tat, ein großer Teil des Spaßes beim Kochen ist die spielerische Verarbeitung der Zutaten: Das Kneten des Teigs, das Häckseln der Kräuter oder das Stampfen des Kartoffelpürees. Wer dies nicht glauben mag, sollte sich mal Eat Drink Man Woman von Ang Lee oder sein mexikanisches Remake Tortilla Soup ansehen.

Sushizock im GockelwockIch wage auch zu behaupten, dass  berühmte Gerichte wie Hamburger nur wegen ihres Knatschfaktors so beliebt sind. Die so genannten „guten Sitten“ sind auch nur ein Vorwand die manchmal etwas langatmige Beschäftigung des Essens durch allerlei Besteck- und Benimmspielzeug aufzulockern. Inder lieben es mit der Hand zu essen, sie kneten dabei ihr Brot oder matschen den Reis im Curry. In China und Japan hingegen gibt es die Stäbchen, diese Analogie zum Geschicklichkeitsspiel brauche ich wohl nicht weiter zu vertiefen.

Der spielerische Übergang von der Currywurst zum Asiasnack wurde nun auch von Reiner Knizia mit Sushizock im Gockelwok vollzogen. Wie schon bei [cref heckmeck-am-bratwurmeck Heckmeck-im-Bratwurmeck] versucht der Zoch-Verlag Thema, Design, Mechanismus und Material geschickt zu kombinieren. Neue Zutaten finden sich dabei jedoch kaum.

Mit fünf Würfeln und je drei Würfen sollen die Spieler wertvolle Sushikombinationen mit möglichst wenig Gräten erwürfeln. Die Würfel zeigen je zwei Sushis und Grätensymbole sowie ein blaues und rotes Chop-Stick. Je nach Würfelergebnis gibt es Sushi oder Gräten im Wert von -4 bis 6, die ordenlichst nebeneinander gestapelt werden. Die Stäbchen erlauben das Stibitzen von Sushis oder Gräten der Mitesser. Die Gräten übernehmen dabei die Rolle des Salzes in der Suppe. Denn ein Sushi punktet nur in Kombination mit einer Gräte. Die Sushikombo: +4,+6,+2,+5 mit den zugehörigen Gräten -1,-3,-2 ist zum Beispiel (4-1)+(6-3)+(2-2)+(5-0) = 6 Siegpunkte wert. Dem +5 Sushi fehlt einfach die Gegengräte. Wer es noch genauer wissen will, kann die Spielregel online beim Verlag lesen.

Ich bin ein bekennender Heckmeckfan und stehe überhaupt allen Federviehspielen – insbesondere auch dem schon etwas vergessenen Hick Hack im Gackelwack – sehr positiv gegenüber. Doch Sushizock ist leider eine kleine Enttäuschung. Schon beim Material gibt es kleine Abstriche: Die Sushiklötze sind dünner und scheinen dunkler als die Bratwürmer. Die Steine sind zwar immer noch großartig, Heckmeck bietet aber ein noch gößeres haptisches Vergnügen. Die Regeln sind verwirrender und es müssen mehr Sonderfälle erklärt werden. Das Spiel selbst ist aber leichter durchschaubar. Erinnerungen an Can’t Stop werden dabei von Kniffelanleihen abgelöst. Die einzige verbleibende Würfelregel lautet nämlich: „Es muß nach dem ersten und zweiten Wurf mindestens ein Würfel beiseite gelegt werden. In die Wertung kommen jedoch immer alle fünf Würfel.“ Dadurch entsteht eine ziemlich spannungsfreie Würfelei.

Dabei ist Sushizock kein schlechtes Spiel, es ist nur auf fast ganzer Linie schwächer als sein Vorgänger. Nur in größeren Runden hat es den Vorteil der kürzeren, knackigeren Spieldauer. Freunde lockerer Würfelspiele sollten das Spiel nicht nach der ersten Partie aburteilen. Denn es gibt durchaus einige Tricks herauszufinden. Zum Beispiel sind die +1-Sushis allenfalls zum Schutz der +6 Steine brauchbar. Im unteren Teil des Stapels sind sie schlichtweg wertlos.1 von 3 Sushis

Prädikat
: 1 von 3 Sushis
Da das Klauen recht einfach ist, sind  6er hingegen so volatil, das ein Sieg leichter mit Vieren und Fünfen sein könnte. Tiefergehende Rechnungen scheinen sich mir aber nicht zu lohnen.

Wen dies nicht stört, wer kein besseres, sondern ein leichteres Heckmeck erwartet, der wird aber nicht enttäuscht sein und durchaus Spaß beim Sushizock haben können. In unseren Runden blieben die „Nochmal“-Rufe jedoch aus.

3 Kommentare

  1. I have to agree with you that there is no „Wow“ effect with this game. I do like the quick resolution though. I am surprised that you find it easy to steal sushi. In the game I played, we barely managed to steal anything.

  2. Hello Michael,

    that it is fairly easy to steal sushis was just a „gut“ feeling. But now I did some precise calculation by using the Heckmeck-propability table and …
    … and found out that there is the likelyhood of 31,295525% to stealing some sushi (exactness of excel).
    In a game with four participants this gives a chance of only 32,4306068% that I do not loose a six to some nasty player before I get chance to protect my tasty sushi.

    I can’t remember the exact rolls of our game, so: perhaps we have now to start making better recordings in our game diary and add some usefull information like: „Number of Sushis stolen by Peter from Michael“ 🙂

  3. Bring it on, sushi-boy! 😉

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