In den Neuheitenlisten war Zeitalter des Krieges nicht prominent vertreten, auch in den verschiedenen Umfragen auf der Messe gab’s nur wenige Noten. Naja, so ein kleines Spiel kann halt mal übersehen werden. Doch beim Erspähen eines Titels von Reiner Knizia im Heidelberger Programm mit dem Namen Zeitalter des Krieges war unsere Neugier geweckt. Und so begaben wir uns in den „Kampf um die Vorherrschaft im feudalen Japan“ (Untertitel).
Insgesamt 14 Karten zeigen verschiedene japanische Orte, die jeweils einem von sechs Clans zugeordnet sind. Jede Karte eine bis vier Reihen mit Symbolen. Wer an der Reihe ist, würfelt die sieben Würfel und entscheidet, welche Karte er angreift. Eine der Reihen auf dieser Karte muss er dabei aus dem Würfelergebnis erfüllen. Beispielsweise könnte dies einmal das Symbol mit Pfeil und Bogen und einmal den Reiter erfordern. Andere Reihen erfordern etwa eine bestimmte Anzahl an Katanas, die für die Infanterie stehen, und von denen jeder Würfel je eine Seite mit einem, zwei und drei Katanas zeigt. Für sechs Katanas benötigt man entsprechend mindestens zwei Würfel – kann aber auch drei oder mehr verwenden, wenn das Würfelergebnis nur durchwachsen war.
Der Kampf um die Karte erfordert nun einen neuen Würfelwurf. Da hilft alles nix, selbst wenn man eigentlich schon im ersten Wurf mehrere oder gar alle Reihen erfüllt gehabt hätte – nur eine darf pro Wurf abgearbeitet werden. Dafür ist man an keine Reihenfolge gebunden, kann erst die unterste, dann die oberste und zum Schluss die mittlere erfüllen. Passt das Ergebnis zu keiner Reihe, verliert man einen Würfel und darf den Rest neu werfen.
Jede Karte bringt zwischen einem und vier Punkten. Wer alle Karten eines Clans erobert, darf diese gesammelt auf die Rückseite drehen. Während der Shimazu-Clan aus nur einer Karte besteht, erstreckt sich der Oda-Clan über vier Karten. Diese Eroberung hat zwei Vorteile: Zum einen bringt ein kompletter Clan mehr Punkte als die Summe der Einzelkarten. Zum anderen können diese Karten nicht mehr durch Mitspieler erobert werden. Denn wer – bevorzugt zur Vervollständigung eines Clans – auf die Karte eines Mitspielers schielt, kann dies tun. Allerdings muss er als zusätzliche Aufgabe eine weitere Reihe mit dem sechsten Würfelsymbol – dem Daimyo – erfüllen. Es wird also auf jeden Fall ein Würfel mehr benötigt, was den Kartenklau merklich erschwert.
Der Würfelkampf ist knackig, direkt und emotional. Der erste Wurf möchte natürlich am liebsten verwendet werden, um eine schwierige Kombination zu erfüllen. Eine Karte mit drei oder vier Punkten verlockt freilich mehr als eine, die nur einen mageren Punkt einbringt. Doch man muss Reihe für Reihe erfolgreich erwürfeln, und das ist gar nicht so leicht. Die Hälfte der möglichen Würfelergebnisse zeigt die Katanas – also lieber erstmal die anderen Symbole einsetzen, wenn sie denn mal in der richtigen Kombination kommen?!
Je mehr Reihen ein Kampf benötigt, desto spannender wird es. Jeder Fehlwurf lässt den Verlust der Schlacht wahrscheinlicher werden. Umso triumphierender ist das Gebrüll, wenn mit dem letzten Würfel doch das benötigte Symbol erscheint! Zunächst leert sich die Tischmitte recht schnell, die Spieler sammeln zunächst diejenigen Karten, die mit dem aktuellen eigenen Wurf gut erreichbar schienen. Schnell verschieben sich die Interessen, die Karten desselben Clans werden zum Objekt der Begierde. Ein Angriff beim Mitspieler birgt mehr Risiken, aber nur so kann es womöglich gelingen, ihn überhaupt noch mit Punkten zu übertreffen. Klar, dass hinten liegende Spieler nicht daran interessiert sind, die Karten in der Tischmitte zu reduzieren – sind diese alle vergeben, endet das Spiel. Ergibt sich hierdurch ein beständiges Hin und Her, kann sich die Partie ziehen!
Die „reihen“-weise Schlacht passt wunderbar zum japanischen Thema. Mancher Angriff macht gar einen „kamikaze“-artigen Eindruck – entgegen der Wahrscheinlichkeiten angetreten, Reihe um Reihe mühselig erreicht, unter Verlusten im letzten Atemzug, und doch: Die Karte ist mein! Und wenn es doch nicht gelingt: Wartet nur, bis ich wieder an der Reihe bin, mich aufrappele und erneut anstürme.
Nach den ersten Partien stöberte ich ein wenig im Internet und fand zu meiner Überraschung heraus, dass Zeitalter des Krieges eine Neuauflage von Risiko Express ist. Jetzt weiß ich zu meiner eigenen Schande nicht mehr, ob ich letzteres tatsächlich mal gespielt hatte. In der Hand hatte ich es sicher bei irgendeinem Spieletreff. Angesprochen hatte es mich definitiv nicht, weder die Grafik noch die Anlehnung an Risiko (wobei ich hier gerne an das innovative
Prädikat:
1 von 3 telefonierenden Geishas[cref risiko-evolution] erinnere). Wäre es jetzt erneut mit Risiko-Label erschienen, hätte ich vermutlich auch nicht zugegriffen. Doch mit japanischem Thema und passender Grafik sprang der Funke über. Sag noch einer, das Auge spiele nicht mit.