Der Palast von Alhambra, Jubiläumsedition & fünfte Erweiterung

Erstveröffentlichung am 25.5.2003 bei Hall9000.
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Die Spieler wetteifern darum, wer die schönste und prächtigste Alhambra baut.

Alhambra ist eine Wieder-Auflage von Stimmt So! (ebenfalls bei Queen Games erschienen). Den ersten Auftritt hatte dieses Spiel bereits als Al Capone im Verlag db-Spiele von Barbara und Dirk Henn.

In drei Wertungsrunden vergleichen die Bauherren den Fortschritt beim Bau ihrer Alhambra. Siegpunkte erhalten diejenigen Spieler, die die meisten Gebäude verschiedener Arten errichten konnten.

Um die Alhambra mit einem Pavillon, einem Serail, Arkaden, Gemächern, Gärten oder einem Turm ausstatten zu können, begeben sich die Spieler auf den Bauhof. Dort bieten vier verschiedene Baumeister jeweils ein Gebäude an, jeder einzelne lässt sich jedoch in einer eigenen Währung bezahlen (Denar, Dirham, Dukaten oder Gulden). Um ein Bauteil zu erhalten, muss man daher die Geldscheine der passenden Währung abgeben.

In jedem Zug hat der Spieler die Wahl, entweder ein Gebäude zu kaufen, oder einen der vier offen liegenden Geldscheine im Wert zwischen 1 und 9 auf die Hand zu nehmen, oder Umbauten an der eigenen Alhambra vorzunehmen. Gelingt es ihm, einem Baumeister den geforderten Betrag passend zu bezahlen, darf er sich erneut zwischen diesen Aktionen entscheiden.

Frisch erworbene Gebäude werden nach bestimmten Bauregeln an die eigene Alhambra angelegt, die stilecht mit dem Löwenbrunnen (Startplättchen) begonnen wurde. Besonders zu beachten sind die Mauern, die zum Teil auf den Gebäudeplättchen zu sehen sind. Denn die Gebäude müssen mit dem Löwenbrunnen verbunden sein, ohne von Mauern abgetrennt zu werden. Falls mal ein Gebäude gar nicht passt, oder man es aus taktischen Gründen später einbauen möchte, kann man es zunächst auf das eigene Reservefeld legen. Ferner bringt das längste zusammenhängende Mauerstück bei jeder Wertung Punkte – einen Punkt pro Mauerkante.

In den Nachzugstapel für die Geldscheine werden zwei Wertungskarten eingemischt. Werden diese beim Auffüllen der offen liegenden Karten aufgedeckt, erfolgt sofort eine Wertung. Dabei wird jeweils überprüft und mit Siegpunkten belohnt, wer in den einzelnen Gebäudearten die meisten (bei der zweiten Wertung auch die zweitmeisten, bei der dritten Wertung zusätzlich die drittmeisten) Gebäude in seiner Alhambra errichtet hat.

Die dritte Wertung wird ausgelöst, sobald der Bauhof nicht mehr vollständig mit Gebäudeplättchen aufgefüllt werden kann. Wer schließlich auf der Siegpunktleiste am weitesten vorne steht, wird als bester Bauherr gefeiert.

Spielmaterial:
Die Grafik ist sehr gelungen und überträgt die Atmosphäre des in arabischer Baukunst des Mittelalters gehaltenen Andalusiens gut. Dass es tatsächlich nur eine Alhambra gibt – sie steht in Granada – ist nebensächlich. Die Gebäude sind gut unterscheidbar, weil nicht nur die Gebäudeform, sondern auch die Farbe variiert. Dies erleichtert die Übersicht der momentanen Mehrheitsverhältnisse.

Die Geldscheine weisen vier Unterscheidungsmerkmale auf: Außer der Farbe und dem Namen sind verschiedene Münzen abgebildet. Ferner sind in den Kartenecken unter dem Wert des Geldscheines noch Symbole zur Unterscheidung abgedruckt. Trotz dieser detaillierten und durchdachten Gestaltung kommt es zu Verwechslungen zwischen Dirham und Dukaten, wohl hauptsächlich wegen der ähnlichen Farbe.

Negativ zu bemerken ist der Schachtel-Einsatz, in dem das Material nicht wirklich gut einzusortieren ist. Soweit ich mich erinnern kann, ist es derselbe Einsatz wie schon z.B. bei Metro und Atlantic Star. Nachprüfen kann ich es nicht mehr, da diese Einsätze schon beim Auspacken schleunigst entsorgt wurden.

(Nachtrag: Mit der Neuauflage unter dem geänderten Titel „Der Palast von Alhambra“ hat sich Queen dieser beiden Kritikpunkte angenommen: Die Dirham sind nun grün, und der Schachteleinsatz erlaubt ein besseres Verstauen des Materials.)

Beim ersten Spiel habe ich eine Übersicht über die Preisspannen für die verschiedenen Gebäude vermisst, die bei Stimmt So! gemeinsam mit den Wertungstabellen angegeben wird.

Daher hier eine Auflistung:

Gebäudeart Preisspanne
Pavillon: 2 bis 8
Serail: 3 bis 9
Arkaden: 4 bis 10
Gemächer: 5 bis 11
Gärten 6 bis 12
Turm: 7 bis 13

Als Anhaltspunkt für die Verteilung der Mauern gilt: Die billigeren Gebäude einer Art enthalten mehr Mauern.

Das Spiel:
Mit Alhambra liegt ein schönes, atmosphärisches Spiel vor, dass sich mit bis zu 4 Personen locker und flüssig spielt. Bei 5 und 6 Personen kann es grenzwertig werden (Wartezeiten!), wenn nicht jeder Spieler bemüht ist seinen Zug flott durchzuspielen. Dies kann passieren, wenn man das Spielgeschehen nicht permanent beobachtet und erst mit Zugbeginn die Planung beginnt.

Durch das Nachziehen der Gebäudeplättchen und der Geldscheine ist der Glücksanteil nicht klein. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Plättchen oder Geldschein, den ich gerne hätte, bis zu meinem Zug noch zur Verfügung steht, sinkt natürlich mit steigender Spielerzahl. Dies ist eine Gemeinsamkeit mit vielen anderen Legespielen. Auch ist jemand im Vorteil, der häufig passend bezahlen, also einen weiteren Spielzug durchführen kann. Aus diesem Grund mag Alhambra zunächst eher zufällig erscheinen.

Es gibt jedoch genügend taktische Möglichkeiten, die das Spiel reizvoll machen und sich mitunter erst nach einigen Partien erschließen. Dies ist zum einen der Bau und damit die Gestaltung der eigenen Alhambra. Die Optimierung der Mauern, also der Bau eines möglichst langen zusammenhängenden Mauerstücks, ist zwar lukrativ, kann aber eine Behinderung beim Anbau weiterer Gebäude bedeuten. Möglicherweise muss man bei den Mehrheiten zurückstecken. Denn je mehr Mauern die Alhambra umgeben, desto schwieriger wird es, Gebäude zu erstehen, deren Mauern ein Anlegen erlauben.

Außerdem sollte man die Mitspieler im Auge behalten. Mitunter lohnt es sich, ein Gebäude unpassend zu bezahlen, dafür aber die Mehrheiten zu den eigenen Gunsten zu verschieben.

Durch diese Elemente wird der Glücksanteil meiner Meinung nach relativiert und führt zu einem ausgewogenen Spiel.

Spiel zu zweit:
Mit einem fiktiven dritten Mitspieler kann man Alhambra auch zu zweit spielen. Dieser erhält zu Beginn, sowie nach der ersten und der zweiten Wertung Gebäudeplättchen, die bei der Bestimmung der Mehrheiten mitzählen und ihm Punkte bringen. Keine Punkte erhält der fiktive Spieler für Mauern.

Das Spiel zu zweit funktioniert gut, und der dritte, fiktive Spieler erscheint nicht als bloße Krücke. Man hat viele taktische Möglichkeiten, da man besser auf den passenden Kauf eines Gebäudes spielen kann.

Punktemäßig schneidet der fiktive Spieler gerade in den ersten beiden Wertungen sehr gut ab, und wird häufig erst in der Endwertung abgehängt, weil dann die Mauerwertungen meist einen deutlichen Vorsprung für die beiden menschlichen Kontrahenten liefern. Da der fiktive Spieler aber bei der zweiten Wertung ein Drittel der im Beutel verbliebenen Gebäude erhält, kann es bei einer frühen zweiten Wertung (= viele Gebäude für ihn) auch schon mal zu einem Sieg des dritten Spielers kommen.

Vergleich mit Stimmt So! und Al Capone:
Es ist wirklich faszinierend, mit welch unterschiedlichen Themen dasselbe Spielkonzept stimmig umgesetzt werden kann. So streiten sich bei Al Capone Gangster um die Kontrolle von Geschäften, bei Stimmt So! geht Tante Emma an die Börse, und bei Alhambra konkurrieren Bauherren um das schönste Bauwerk. Im Vergleich dieser drei Themen schneidet sicher Tante Emma am schlechtesten ab, was zusätzlich an der Umsetzung liegen mag (Kartenspiel künstlich zum Brettspiel ausgebaut, schlechte und unübersichtliche Grafik).

Folgende Neuerungen wurden im Vergleich zu den Vorgängern Stimmt So! und Al Capone eingeführt: Einerseits ist dies der Bau der Alhambra, zusammen mit der Mauerwertung. Dies ist ein völlig neues Element, das die taktischen Möglichkeiten deutlich erweitert und den Spielreiz dadurch erhöht.

Die andere, kleinere Änderung gibt es beim Nachziehen der Geldkarten: Liegen mehrere kleine Geldscheine im offenen Vorrat, darf man mehr als einen Geldschein nehmen, solange der Gesamtwert nicht höher als 5 ist. Diese Regel sollte man auch bei den beiden anderen Spielen übernehmen, da es den Frustfaktor senkt, vor allem wenn der Spieler vor einem gerade wieder einen hohen Geldschein weggeschnappt hat. Viele kleine Geldscheine erlauben häufiger eine passende Zahlung.

Links zu den ersten drei Erweiterungen:

Kathrin Nos – 25.05.2003

POSTSCRIPTUM:

Aus New Amsterdam wurde New York, aus Konstantinopel Istanbul und aus Madras Chennai. Da fällt der kleine Zusatz „Der Palast von“ kaum auf. Ein wenig albern klingt der längst nicht mehr so neue Titel schon. Was würde die Spielergemeinde zu einem Spiel „Die Kirche von Notre Dame“ sagen? Ich gebe aber gerne zu, dass „Der Palast von Granada“ aus Marketingsicht etwas doof klingt.

Nach fünf Jahren gibt es nun mit der Jubiläumsedition einen weiteren Namenszusatz. Die Schachtel ist größer und das Spielmaterial noch umfangreicher und schöner geworden. Da das Spiel zum Glück das alte bleibt, haben wir gerne die Gelegenheit genutzt, unser original Alhambra gegen die neue Edition auszutauschen. Ich wäre vielleicht auch in fünf Jahren bereit, einen Haufen Dukaten für eine modellierte 3D Ausgabe der Alhambra in einer Holzkiste lockerzumachen. Eine weitere Änderung gegenüber der ersten Auflage ist der Wegfall der Währungsnamen Denar, Dirham, Dukaten und Gulden. Die Regel spricht nur noch lapidar von „Geld in verschiedenen Währungen“, und auch auf den Karten sind keinerlei Namen mehr enthalten. Wahrscheinlich fielen sie schon vor einiger Zeit der allerorts herrschenden Globalisierung von Spielmaterial zum Opfer.

Größte Alhambra aller Zeiten

Die Rezension war eine von Kathrins ersten Kritiken. Inhaltlich hat sich unsere Meinung über Alhambra seitdem nicht sonderlich geändert. Die Schwerpunkte der Kritik würde sie mittlerweile aber anders setzen. Spieletouristen sollten übrigens ernsthaft über einen Besuch Andalusiens nachdenken. Die Anlagen der Alhambra sind wirklich sehr beeindruckend. Wir starteten unseren Besuch Granadas am 14.9.2001 mit einer dreistündigen Sicherheitskontrolle um 5 Uhr früh am eigentlich recht beschaulichen Düsseldorfer Flughafen. Doch das ist eine andere Geschichte.

Mit „Die Macht des Sultans“ gibt es mittlerweile eine fünfte Erweiterung mit vier Modulen. Im Gegensatz zum Grundspiel konnten mich alle Alhambra Variationen und Ergänzungen nicht vom Hocker reissen. Getestet habe ich sie aber alle gerne, da sie immerhin Anlass waren, mal wieder mit großer Begeisterung Alhambra zu spielen. „Die Karawanserei“ gefiel mir noch am Besten. Wer schon vier verschiedene Gebäudearten besitzt, kann mit ihr Kleingeld in verschiedenen Währungen generieren. Das macht das Spiel etwas flexibler. Ganz nett ist auch „Die Macht des Sultans“, das sind Jokerkarten zum Preis von sieben Geld in einer von verschiedenen Währungen, mit denen man Gebäude umsonst direkt beim Aufdecken kaufen kann. Einfluss aufs Spielgeschehen haben sie aber kaum. „Die neuen Wertungskärtchen“ fand ich ziemlich überflüssig. Mit ihnen kann der Wert der Gebäudearten zu Beginn des Spiels pro Wertung zufällig verändert werden. „Die Künste der Mauren“ ist schließlich ein ziemlicher Hammer. Für Paare gleicher Gebäudewerte können nun größere Mengen Extrasiegpunkte erreicht werden.

Geübten Spielern bietet dies eine wirkliche Abwechslung, da die Schwerpunkte beim Kaufen und Bauen stark verschoben werden. Das Spiel kann mit ihnen aber auch völllig aus dem Ruder laufen.

Originell sind einige der Ideen allemal, und eine Menge Material bekommt man in der kleinen Schachtel auch geliefert. Erweiterungsfans brauchen die neuen Module nicht erst empfohlen zu werden, sie kaufen sie sowieso. Mir erscheint sie aber wie ein Kleinod: Hübsch aber überflüssig.

Peter Nos

3 von 3 Dukaten
Prädikat: 3 von 3 Dukaten

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