Die Goldene Stadt

Einiges deutet darauf hin, dass Michael Schacht einem Goldrausch verfallen ist. Mit [cref Valdora] und „die Goldene Stadt“ gibt es zwei gülden glänzende Titel im aktuellen Angebot. Neben dem Gold drängen sich noch weitere offensichtliche Ähnlichkeiten auf. So werden beide Spiele im Siedlerformat verkauft und ihre Konzeption zielt eindeutig auf die gleiche Käuferschicht: den gehobenen Familienspieler.

Dieser weit verbreitete Spielertypus ist durchaus bereit, sich etwas intensiver und wiederholt mit einem Spiel auseinanderzusetzen. Eine Partie darf aber nicht länger als 90 Minuten dauern, denn er braucht ja auch noch Zeit, neue Knete zum Kauf weiterer Spiele zu verdienen. Denn er ist auch Sammler und bekennender Spieler. Wichtig ist auch das Image des Spiels. Dabei verspricht „die Goldene Stadt“ genauso wie [cref Valdora] einen Ausflug in eine bessere, sorgenfreie, heile Welt, die frei aller modernen Übel ist. Der gehobene Familienspieler mag solche Versprechen. Da er auch Sammler ist und seine Spiele feinsäuberlich in einem großem Regal aufreiht, können seine Besucher auf den ersten Blick sehen, welch welt-, lebens- und spielerfahrenes nettes Kerlchen sie vor sich haben.

Wenn Sie einen gehobenen Familienspieler kennen lernen, dürfen Sie natürlich niemals nie nicht allein das Thema eines Spiels loben. Gehobene Familienspieler spielen selbstverständlich Spiele nur, um den intellektuellen Reiz der Spielmechanik zu ergründen. Welches Spiel nun in diesen Kreisen en vogue wird, ist kaum vorhersehbar. Diesmal scheint [cref Valdora] das Rennen zu machen. Wahrscheinlich kitzelt das Flair des Selfmade Abenteurers im einsamen Tal unsere gehobenen Spielerseelen mehr als die sprudelnden Gewinne der großspurigen, spröden Handelshäuser in der goldenen Metropole.

Bild von Die Goldene Stadt

Damit könnte zur goldenen Stadt schon fast alles gesagt sein. Das Spiel funktioniert, die Ausstattung ist schön und das Thema ist passend zur Grafik ausgewählt. Nichts steht einer Standardverwertung im Wege: Sehen, wünschen kaufen, auspacken, spielen, loben, sammeln, abhaken und vergessen. – Doch halt! – Das wäre schade. In der goldenen Stadt wird nämlich das Versteigerungsverfahren von Evo, Amun Re, Vegas Showdown oder Sechsstädtebund wieder aufgegriffen. Viel zu selten kommt es zur Anwendung. Jeder Spieler darf dabei in jeder Runde etwas ersteigern. Im Falle der goldenen Stadt sind es Landschaftskärtchen. Pro Mitspieler liegt ein Pärchen aus. Ein Spieler beginnt und erhebt Anspruch auf ein Pärchen. Dafür steht ihm eine Biethand (s.Bild) zur Verfügung. Die anderen können nun andere Pärchen aussuchen oder schon beanspruchte Karten überbieten. Dafür müssen sie sofort Spielgeld lockermachen. Jeder Überbietversuch wird teurer. Der bisherige Anspruchhalter muss nun einen neuen Anspruch erheben. Das geht solange, bis keine Konflikte mehr vorhanden sind und alle Spieler etwas bekommen.

Der Rest des Spiels ist wenig originell: Mit den Landschaftskärtchen werden Häuser auf dem Spielplan eingesetzt, die neues Geld, weitere Landschaftskärtchen und manchmal auch Siegpunkte bringen. Dann gibt es eine kleine Wertung, und der Ablauf wiederholt sich. Zum SpielEn.de gibt es wie so oft noch ein paar Extrapunkte für dies und jenes. Dies ist alles durchaus nett und erfreulicherweise auch recht kurzweilig zu spielen. Allein die Versteigerung bringt Abwechslung ins Spiel. Das Fazit ist damit klar: Wer das Flair der goldenen Stadt mag, wird mit der goldenen Stadt eh glücklich werden. Wer Evo allein wegen der Versteigerung mochte, will eventuell auch die goldene Stadt mögen. Dabei wurde diese Idee in Amun Re oder Vegas Showdown sicherlich spannender umgesetzt. Allen anderen gehobenen Familienspielern wird Die Goldene Stadt allenfalls als lediglich „ganz nett“ in Erinnerung bleiben.

Noch ein paar Worte wie sich die Goldene Stadt gewinnen lässt. Die meisten Siegpunkte werden in der Stadt in der Mitte des Spielplans vergeben. Es lohnt sich nicht, länger im Umland zu verweilen. Die Zwischenwertungen für Warenkarten und Flüsse, sowie Sondersiegpunkte bringen zwar auch ein paar Punkte. Wirklich zum Tragen kommen sie eigentlich nur bei gleichstarker Präsenz in der Stadt. Es ist wichtiger, wenige Gebäude in der Stadt zu bauen als viele im Umland. Allein das Haus im Zentrum bringt 10 Siegpunkte für effektiv 3 eingesetzte Karten (2 Karten + Schlüssel, der auch zwei Karten kostet, dafür gibt es eine Karte zurück). Ein besseres Siegpunkt-Karten Verhältnis ist nicht erreichbar. Quasi nebenher gibt es dann auch noch Zwischenwertungssiegpunkte für Stadtviertel. Damit lohnt es sich durchaus Karten als Joker zu opfern. Geld sollte ausgegeben werden, um attraktive Karten zu bekommen und nebenbei die Mitspieler zu ärgern. Es gibt zwar eine Sondersiegpunktkarte, die zwei Siegpunkte pro Münze verspricht, aber der Aufwand lohnt sich nicht. Ein Hausbau bringt maximal zwei neue Münzen und somit zwei Siegpunkte pro Karte. Das ist deutlich weniger als jedes Haus in der Stadt.Bild von 1 von 3 Städten
Prädikat
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Eher lohnt es schon Warenkarten zu sammeln. In maximal 16 Wertungen und mit der Warensondersiegpunktkarte sind damit theoretisch 72 Punkte für einen Aufwand von nur 10 Karten erreichbar. Realistisch sind maximal 36 Punkte machbar. Damit kann der Fokus auf Warenkarten ähnlich attraktiv wie Häuser in der Stadtmitte sein. Da sowieso nicht alle Pläne realisierbar sind, sollten Waren und Stadthäuser kombiniert werden.

Ein Kommentar

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