Bevor Sie diesen Artikel weiterlesen, möchte ich Sie bitten, sich einmal zurückzulehnen und sich vorzustellen: Was wäre wenn? Was wäre wenn Sie ein Amerikaner wären und nächstes Jahr ganz viel Urlaub hätten. Sagen wir einmal: 10 Tage. Und Sie wären nicht nur Amerikaner sondern sogar eine Einwohnerin aus Alaska und hießen Sarah Palin. Sie waren also noch niemals nie nicht jenseits der großen Wasser und wollen nun Ihren riesigen Urlaub nutzen, um Kosmopolitin zu werden. Sie beschließen also Europa zu bereisen. Dabei wollen Sie nicht hetzen und deshalb nicht mehr als ein Land pro Tag besuchen.
Doch ein kurzer Blick in den Schulatlas lässt erkennen, dass Europa über doch weit mehr als 10 Länder verfügt. Dabei nimmt Osteuropa einen verdammt großen Teil ein. Also ist Mut zur Lücke gefordert und Sie setzen sich hin, um die Reise zu planen. Die erste Wunschliste ist schnell erstellt: Nach Finnland soll es gehen, das ist wie Alaska, nur kleiner. Frankreich soll auch dabei sein und Griechenland, die Tante in Albanien muss besucht werden, und eine Fährfahrt durchs Mittelmeer mit Zypern als Ziel wäre auch nett. Dann gibt es noch so eine komische Nation names Estland, mit einer Stadt Tallinn, wer weiß, vielleicht lassen sich dort weitere Vorfahren aufspüren.
Eine solche Reise zu planen ist Ziel von Europa Tour. Die Regeln lassen sich mit vier Worten zusammenfassen: Rack-O auf einer Landkarte. Wer es mit etwas mehr Geschwafel mag: Ziel ist es, zehn Karten in eine sinnvolle Reihe zu bringen. Die Karten zeigen entweder ein Land, ein farbiges Flugzeug oder ein Schiff. Reisen kann man von einem Land ins Nachbarland, von Land zu Schiff (so es Fährverbindungen besitzt), von Schiff zu Land (so es eine Fährverbindung mit dem Vorgängerland besitzt), von Land zu Flugzeug (wenn das Flugzeug die selbe Farbe wie das Land auf der Europakarte hat) und von Flugzeug zu Land (wenn das Land die selbe Farbe wie das Flugzeug hat). Dazu nimmt man immer eine Karte vom verdeckten Stapel oder von einem der Ablagestapel und legt wieder eine Karte ab. Sieger ist, wer eine ununterbrochene Reise durch Europa vorweisen kann.
Europa Tour ist Teil der 10 days in …-Serie. Leider missglückte die deutsche Erstausgabe. Das Material war nicht nur hässlich, sondern stellenweise unbrauchbar. Manche Fährverbindungen waren kaum zu erkennen, und zwei Flugzeugfarben ähnelten sich sehr. In der zweiten Auflage wurden bereits kleinere Optimierungen durchgeführt. All diese Probleme konnten uns nicht abschrecken. Immer wieder gingen wir auf Europatour. Es ist abwechslungsreicher, taktischer und vor allem etwas interaktiver als sein Urahn Rack-O. Zum Beispiel lohnt es durchaus zu schauen, welche Karten die Mitspieler sammeln und abwerfen. Der wesentliche Unterschied ist natürlich die zweite Dimension. Dadurch gibt es keine zwingend erste oder letzte Karte mehr. Wer geschickt spielt und etwas Glück hat, kann sich deshalb viele Möglichkeiten zu gewinnen offenhalten. Pechvögel können sich aber auch in Positionen manövrieren, die nur genau eine Karte zum Sieg erlauben.
Was wäre wenn das Spiel schöner wäre? Dann würde ich zwei von drei Lorbeeren vergeben. Auf der Spiel in Essen sahen wir einen Verlag, der 10 Days in Europe in Deutschland neu und hoffentlich liebevoller veröffentlichen will.
Prädikat: 1 von 3 Lorbeeren