Einigen Lesern ist vielleicht schon aufgefallen, dass reine Zweipersonenspiele in unserem Blog bisher nur wenig Beachtung fanden. Dies liegt einzig daran, dass die letzten beiden Spielejahrgänge kaum interessante Spiele für Zwei boten. Sowohl die Quantität als auch Qualität der Neuerscheinungen in diesem Bereich hatte gegenüber den ersten Jahren dieses Jahrtausends deutlich nachgelassen. Dies mag an einer Übersättigung des Marktes liegen. Verstärkt wird dies sicherlich durch viele Mehrpersonenspiele mit gut funktionierenden Regeln für zwei. Ein Beispiel dafür ist Im Wandel der Zeiten, das ich überhaupt nur zu zweit spielen mag. Seit dem völlig zu Unrecht gefloppten [cref perry-rhodan-die-kosmische-hanse] im Jahre 2007 erhielt denn auch kein Zweipersonenspiel mehr einen festen Platz in unserer Spielesammlung.
Doch nun endlich gibt es wieder Lichtblicke.
Mit Jaipur gibt es jetzt wieder ein Spiel, dessen Tempo und Leichtigkeit an Lost Cities erinnern. Von dem türkisfarbenen Schachteldesign mit dem wohlbeleibten, rauschebärtigen Grinseinder vor einem rosa Palast darf man sich nicht ablenken lassen. Auch das Thema sollte schmunzelnd ignoriert werden. So steht in der Anleitung unter Szenario und Spielziel:
Jaipur… Zu gerne möchtest Du Hoflieferant des Maharadschas werden, ein Privileg, das Du nur erhältst, wenn Du (…) reicher als Dein Konkurrent bist. (…) Am Ende jeder Runde erhält der reichste Händler ein Exzellenz-Siegel. (…)
Also, stellen wir uns mal vor, ich wäre ein Maharadscha, dann hätte ich auch einen dicken Bauch, einen Rauschebart, vielleicht einen großen Turban und sicherlich eines fettes, sattes Grinsen im Gesicht. Wenn ich nun einen Hoflieferanten bestimmen sollte, könnte ich mir vielleicht noch komische Exzellenzsiegel ausdenken. Die kosten wenig und motivieren sicherlich meine emsigen Untertanen zu noch mehr Arbeitswut. Da ich aber dick, satt und glücklich bleiben möchte, will ich den Händler zum Hoflieferanten machen, der die Waren bester Qualität liefert. Ob er dabei reich oder arm ist, bleibt oder wird, kann mir eigentlich piepegal sein.
Aber ich bin dünn, bartlos und auch kein Maharadscha, also bleibt es dabei: Bei Jaipur gilt es, zwei von maximal drei Runden reicher als der Konkurrent zu beenden. Dazu tauschen die Spieler diverse Waren in Geld. Ein paar Warenkarten liegen immer offen aus. Am Zug kann entweder eine dieser Karten auf die Hand genommen, eine Anzahl eigener Karten ausgetauscht oder alle Handkarten einer Ware in beliebige Warenchips dieser Sorte umgesetzt werden. Dabei gibt es mehr und weniger wertvolle Chips. Wer drei oder mehr Karten abgibt, bekommt noch einen Bonuschip. Alle Chips sind bares Geld wert.
Es gibt auch Kamelkarten. Wer Kamele statt Waren nimmt, bekommt gleich alle ausliegenden und legt sie zunächst als Kamelherde beiseite. Zu Spielende ist die größte Herde fünf Geld wert. Während des Spiels können mehrere Kamele zusammen mit Handkarten aber auch gegen gleich viele Warenkarten getauscht werden. Horten lassen sich die Waren leider nicht, da es ein knapp bemessenes Handkartenlimit gibt. Die Runde endet sofort, wenn die Chips dreier Warensorten aufgebraucht sind.
Nun klingt die Beschreibung nicht sonderlich spannend, diese Regel bietet aber einige taktische Möglichkeiten, die sich erst nach zwei oder drei Partien zu erschliessen beginnen. So lohnt es durchaus aufzupassen, welche Karten der Gegner sammelt und ob sein Handkartenlimit schon erreicht ist. Kamele in der Auslage vermindern die Wahrenauswahl. Wer sie nimmt, bietet dem Gegner erstmal neue Optionen. Dafür kann mit ihnen eine leergespielte Kartenhand schnell wieder aufgefüllt werden. Überhaupt sollten die Tauschmöglichkeiten nicht unterschätzt werden. Zwar bekommt man beim Tauschen keine Karte hinzu, größere Sammlungen gleicher Karten bringen aber ungleich größere Einnahmen als der Verkauf von nur ein oder zwei Waren.
Prädikat:
1 von 3 Turbanen
Dabei dauert eine Runde Jaipur nur wenige Minuten. Damit stört es auch nicht, wenn es einmal schief läuft und der Gegner nicht nur besser spielt, sondern auch noch vom Glück begünstigt wird. Für eine Revanche bleibt immer genügend Zeit. All dies sind Komponenten, die zu einem guten Zweipersonenspiel gehören. Mit seiner kompakten Schachtel gelang es Jaipur damit auf Anhieb, einen der begehrten und limitierten Dauerplätze in unserer Sammlung zu bekommen.
P.S. Eine Warensorte ist Leder. Mich wunderte dies zunächst, da aus religiösen Gründen Leder in Indien nicht sonderlich verbreitet sein sollte. So sind neben Edelsteinen, Seide, Gewürzen, Gold und Silber oft Holzschnitzereien das sechste beliebte Angebot von Souvernirhändlern. Eine kleine Webrecherche lehrte mich aber, dass es wohl auch in Indien eine größere und wenig erfreuliche Lederindustrie gibt.
Wie hoch ist bei diesem Spiel eigentlich der Glücksanteil? M.E. so hoch, dass ich keine wirkliche Strategie entdecken kann. Die strategischen und taktischen Kniffe werden ja bereits in der Regel beschrieben oder sind inzwischen auf nahezu allen Spieleseiten nachlesbar, aber das führt auch nicht wirklich weiter. Dennoch: Das Spiel macht einfach Spaß und vielleicht ist es ja gerade der Glücksanteil, der den Reiz des Spiels ausmacht. Steht vollkommen zu recht auf der aktuellen Empfehlungsliste von SdJ.