Nicht der Erste zu sein, der über ein Spiel schreibt hat, wie so vieles, gute und schlechte Seiten. Die gute ist: Bezüglich Spielbeschreibungen kann ich auf die endlosen Weiten des Internets verweisen. Dass der Witz vom Pudel und vom Esel schon von Wolfgang gerissen wurde, kommt auf die schlechte Seite.
Um damit also gleich zur Kritik zu kommen: Kashgar ist eine der bisher stärksten Variationen von [cref dominion], was bisher nicht sonderlich schwer ist. Nach einigen faszinierenden Einstiegspartien ließ der Spielspaß leider etwas nach, zu wenig lässt sich langfristig planen und zu früh kann die Balance zu Gunsten eines Spielers kippen. Dabei lässt sich Kashgar sehr schnell spielen. Die auf der Schachtel angegebenen 60 Minuten lassen sich höchstens in Runden zu viert mit Schnarcherweiterung realisieren.
In einer flotten Gruppe sind in dieser Zeit auch oder drei Partien spielbar, und dann beginnt Kashgar zu glänzen! Denn ähnlich wie bei Dominion lässt sich bei Kashgar der nächste Zug gut vorplanen, und anders als bei Dominion entfällt das lästige Mischen. Auch gibt es keine öden Kettenzüge der Art Dorf – Dorf – Dorf – Keller – Lakai – Dorf – Dorf – Keller – Keller – Silber. Die Idee, die Karten wie eine Karawane aufzureihen und dann von vorne nach hinten abzuarbeiten, bringt auch neue Timingoptionen.
Unübersichtlich ist hingegen die Siegpunktsituation. Da es keine Übersicht gibt, müssen Powergamer unablässig die Punkte aller Spieler nachzählen, und dafür gibt es mangels Grübelpausen nicht genügend Zeit. So verpassten wir ganz im Kashgargroove versunken auch schon mal das Spielende. Spätestens ab der zweiten Partie sollte immer die Variante „Hauen und Stechen“ gespielt werden, bei der mehr Abwechslung durch interaktive Karten ins Spiel kommt.
Ein abschließendes Urteil ist schwierig, zu unterschiedlich waren die Kommentare meiner Mitspieler. Offensichtlich hängt viel am Tempo der Gruppe, an der Kartenverteilung im ersten Spiel und am Mut gleich noch eine zweite Partie zu zocken. Ich tendiere dazu zu jenen zu gehören, die Kashgar mögen und das obwohl – … – lange Pause zur Steigerung der Dramatik – … – obwohl die Grafik etwas misslungen ist! … … Längere Pause, um das Entsetzen der letzten Aussage wirken zu lassen … … Wie kann das nur sein?
Immerhin sind die Grafik und Illustrationen von Imelda und Franz Vohwinkel schön anzusehen, und das Material ist auch funktional professionell gestaltet, was gibt es da auszusetzen? Ich musste auch länger darüber nachdenken, warum ich bei Kashgar immer so ein komisches Gefühl habe. Irgendwann dämmerte es beim Betrachten des Schachtelcovers: Da zieht, Wind und Wetter ausgesetzt, eine Karawane entlang eines Grats über den Berg. Dabei wäre es doch viel einfacher am Berg vorbei zu spazieren. Das wirkt zwar nicht ganz so fotogen, ist aber viel schneller. Das Argument mit Räubern in Wäldern lasse
Prädikat:
1 von 3 Schankmaidenich nicht gelten, die sehen die Karawane auch auf dem Hügel. Die Szene auf dem Cover allein wäre kein Grund zur Abwertung. Viel verwirrender sind die Vorder- und Rückseiten der Auftragskarten, die vielleicht an niederländische Landschaftsmalerei, aber keinesfalls an die raue Exotik der Seidenstraße erinnern. Bei den Personen gibt es zwar ein paar einigermaßen passende Charaktere, die Schankmaid gehört aber eindeutig nicht in die islamisch geprägten Wüsten und Gebirgsregionen im Westen Chinas, sondern aufs Oktoberfest.