Lords of Waterdeep

Wenn Sie eine ausgewogene Spielbesprechung lesen wollen, die auch eine detaillierte Regelbeschreibung enthält, so lesen Sie bitte nicht weiter.

Lords of Waterdeep ist mal wieder ein Spiel, das uns lange in Erinnerung bleiben wird. Zuallererst ist da der ziemlich coole Titel. Wer ist nicht versucht, mit einem dickem Edding auf der Schachtel das letzte e in ein p zu wandeln? Wer kommt bei dem Schachteleinsatz nicht ins Schwärmen? Aber Achtung, ist nicht Vorsicht angeraten, wenn die größte Auszeichnung eines Spiels der durchdachte Schachteleinsatz ist – mit Handschmeichlervertiefungen und Spielplanklammerung? Insbesondere, da heutzutage kaum noch ein Verlag der Idee verfällt, wertvolle nichtnachhaltige Rohstoffe in teure Tiefziehteile zu versenken? Dabei ist es um das schöne Wort „Tiefziehteil“ schon etwas schade.

Bild von Lords of Waterdeep
Die Vorsicht ist aber nicht angebracht, denn sooo gut ist der Tiefziehschachteleinsatz dann doch nicht: Nach 100km Autofahrt in senkrechter Lagerung waren einige Karten und Pöppel dann doch durcheinandergewürfelt. Also lohnt es vielleicht doch einen Blick auf das eigentliche Spiel zu werfen. Es geht darum Abenteuer in der AD&D (Advanced Dungeons & Dragons oder moderner wieder D&D ohne A) Stadt Waterdeep erleben zu lassen. Dafür setzen wir Agenten auf dem Spielfeld ein und bekommen dadurch Ressourcen, Aufträge und Intrigen. Aufträge sind für Siegpunkte wichtig. Um sie zu erfüllen, müssen meist wieder Ressourcen abgegeben werden. Ressourcen sind diesmal keine seltenen Gewürze oder wertvollen Handelswaren, es sind die allseits beliebten Helden: orangefarbene Kriegerwürfel, lila Magierklötze, schwarze Diebescuben, sowie weiße Kleriker. Diese lieblose Ansammlung von Holzmaterial ist ein echtes Ärgernis. Ok, Lords of Waterdeep ist nicht so thematisch wie es aussieht, eher ist es ein konventionelles, leichtgewichtiges Workerplacement mit übergestülptem Thema. Die Heldenwürfel sind aber wirklich trostlos. Erinnerungen an wackere Abenteurer aus Pen and Paperzeiten stellen sich da nicht ein. Das Problem wurde auch schon erkannt, und findige Spieler in Kanada haben auch schon passende – ziemlich coole – DnDeeples erschaffen.

Doch zurück zu der Frage: Lohnt sich Lords of Waterdeep trotz oder gerade wegen des Tiefziehteils? Für das Spiel spricht, dass es leichtgängig ist und nach unterhaltsamen 60 Minuten vorbei ist. Es ist auch insgesamt gut ausgwogen, die Regeln sind eingänglich, und einige Elemente, nämlich Sammeln von Ressourcen zum Erfüllen von Aufträgen, erinnern entfernt an [cref yedo].

Der Vergleich mit Yedo zeigt aber auch die große Schwäche von Lords of Waterdeep. Die Story und der knifflige Mechanismus von Yedo schafften wiederholt drei Stunden zu fesseln. Lords of Waterdeep ist und bleibt immer nur nett. Sonderlich tief ist das Wasser wirklich nicht, eher plätschert es gemütlich vor sich hin und zwar Spiel für Spiel ziemlich gleich und auch ohne größeren Abwechslungen. Schon in der ersten Partie lässt sich alles erfahren, was man über Lords of Waterdeep wissen sollte. Bei Yedo braucht beginnt hingegen nach ein paar Spielen das echte Kribbeln, was noch alles machbar ist und wie wohl der Zufall beherrschbar ist. Komisch ist auch die merkwürdige Leere auf dem Spielplan beim Spiel zu viert. Da hat jeder am Anfang nur zwei Agenten, dadurch entstehen kaum Konkurrenzsituationen. Erst in der zweiten Spielhälfte wird es etwas enger. Damit ist Lords of Waterdeep eines der wenigen Spiele, die zu dritt mehr Interaktion bieten als zu viert. Denn zu dritt konkurieren es von Anfang an drei mal drei Agenten.

Bild von 1 von 3 Kriegern
Prädikat
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1 von 3 Kriegern
Vielleicht habe ich von Lords of Waterdeep einfach zu viel erwartet. Positive Kritiken, Lob im Spielboxforum, ein hohes Ranking bei Boardgamegeek und die Ankündigung, dass es besser sei als Yedo, war vielleicht zu viel des Guten. Spielerisch kommt es über ein gesundes Mittelmaß nicht hinaus. Aber der Schachteleinsatz ist wirklich gelungen!

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