Nach Galaxy Trucker nun Mondo? Nun, eigentlich müsste man noch einige Jahre weiter zurückgehen und Primaten bemühen. Eines meiner frühen Lieblingsspiele ist Affenraffen, das deutlich zur selben Gattung der GGS (Gleichzeitig-Grabsch-Spiele) zu zählen ist. Auf der Spielemesse in Essen 2002 wollte ich gar an der von Goldsieber ausgelobten Meisterschaft im Affenraffen teilnehmen. Leider wurde diese mangels Teilnehmern abgesagt. Ich rede mir immer noch ein, dass es unbedingt nur am ungünstigen Termin am Donnerstagmittag der Messe gelegen haben kann. Aber realistisch betrachtet standen wohl schon damals die Chancen auf Gründung eines Affenraffen-Fan-Clubs mangels potenzieller Mitglieder äußerst schlecht. Doch jetzt besteht wieder Hoffnung. Bei Mondo darf ich erneut raffen und … scheine damit weniger allein auf weiter Flur zu stehen als vor mittlerweile 9 Jahren.
Gebaut wird hier mit Plättchen, die jeweils eine, zwei oder sogar drei von insgesamt vier unterschiedlichen Landschaften zeigen. Das Ziel: Möglichst viele abgeschlossene Landschaften zu bauen. Durch die diagonale Teilung der Plättchen können so beispielsweise rautenförmig gemusterte Inseln entstehen. Denn auf dem Einsteigerplan bildet Wasser zu allen Seiten den Abschluss. Entsprechend ist die Plättchenverteilung tendenziell wasserlastig. Gleichzeitig suchen alle im Plättchenvorrat nach passenden Inselteilen.
Besonders beliebt, aber auch gefürchtet: Die viel zu raren Plättchen mit gleich drei unterschiedlichen Landschaftsarten (noch seltener sind nur die Plättchen mit drei Seiten der gleichen Landschaftsart). Diese dreifach bunten Plättchen erlauben als einzige die kleinen Minimal-Landschaften, die aus nur zwei Plättchen zusammengefügt werden können. Da jede fertige Landschaft zwei Siegpunkte einfährt, hätte man am liebsten einen bunten Flickenteppich an Wäldern, Savannen, Wiesen und Seen! Doch wie gelingt es nur, den passenden Abschluss beim Weiterbauen zu finden?! Und gleichzeitig gilt es die Tiere im Blick zu behalten. Jedes von ihnen gibt einen Pluspunkt. Zu allem Überfluss bringen Vulkane potenziell Minuspunkte: Wer schafft es in der Hektik, auch noch auf deren Vermeidung zu achten?! Dieses Puzzle unter Zeitdruck liegt dem einen mehr, dem anderen weniger.
Doch das Faszinierende ist: Trotzdem haben praktisch alle meine Mitspieler hinterher versichert, es habe ihnen Spaß gemacht! Nun habe ich keine ausgiebige Testreihe unter absoluten Gelegenheitsspielern durchgeführt, sondern meine Spielpartner unter Teilnehmern unseres öffentlichen Treffs in Nußloch, der Spielereise nach Bilstein und unserer privaten Spielrunde rekrutiert. Bereits unter diesen wird klar: Mondo fordert heraus. Nicht jeder meistert diese Aufgaben im selben Maße. Bemerkenswert: Immerhin schafft es fast jeder, sich über die drei Durchgänge einer Partie – in jeder wird das eigene Tableau einmal hoffentlich lücken- und fehlerlos gefüllt – hinweg zu steigern. Das führt zu individuellen Erfolgserlebnissen. Selbst wer meilenweit vom Sieger des Spiels entfernt landet, kann sich selbst für die eigene, nach oben weisende Lernkurve auf die Schulter klopfen.
Am spannendsten ist freilich der Vergleich zwischen Spielern, die auf demselben Niveau spielen. Die Herausforderung kann nach eigenen Wünschen reguliert werden. Die Grundversion verlangt den Bau einer komplett von Wasser umgegebenen Insel und verbucht nur Punkte für Tiere, die Anzahl der Landschaften auf der positiven, sowie Vulkane und eingebaute Fehler auf der negativen Seite. In mehreren Ausbaustufen kann das Spiel komplexer gestaltet werden. Während einerseits die Zeit zum Bau verkürzt werden kann, kommen Aufgaben hinzu. Eine einzelne Aufgabe vergleicht die Ergebnisse der Spieler untereinander. Zusätzliche Aufgabenplättchen als weitere Ausbaustufe verlangen bestimmte Tierkombinationen auf ihren Heimatlandschaften. Hier sind weitere fette Punkte zu gewinnen – oder bei Vermasseln zu verlieren. Die Rückseite des Plans lässt die Insel zur Halbinsel werden. Am Rand finden sich hier alle vier verschiedenen Landschaften.
Das größte Chaos herrscht freilich, wenn gleich vier Weltenbauer zugange sind. Der Blick auf manche Plättchen ist verdeckt, dauernd wuseln irgendwelche Hände im Weg herum, und am schlimmsten sind die Zurückdreher… Denn die Rückseiten der Plättchen sind einfarbig. Das hilft nicht sehr, um viele Landschaften zu bauen, aber wenn das Kind einmal in den Brunnen gefallen ist, hilft manchmal nur großflächiges Bauen weiter. Doch muss man deswegen die schönen bunten Plättchen im großen Stil wieder umdrehen?! Und dann sind da noch die Sammler. Man darf nur angrenzend bauen. Ein bisschen im Norden gebastelt, ein wenig im Süden – das ist nicht erlaubt. Doch manches Plättchen könnte ja später nützlich sein. Ein strategisches Ablegen in der Nähe des eigenen Tableaus als öffentlich zugänglicher Vorrat ist regeltechnisch erlaubt … also vielleicht mal den Blick zu den Mitspielern schweifen lassen? Zu zweit bleibt wegen der geringeren Konkurrenz die Auswahl größer, daher sind hier die meisten Punkte möglich. Solitär habe ich das Spiel nicht getestet.
Die mit Material und Regeln der ausgelieferten Version höchste Komplexitätsstufe verlangt den Spielern schon einiges ab. Wer sich hier beim Bau verrennt, muss richtig tief ins Gras beißen und dicke Minuspunkte einkassieren. Da kann der Adrenalinspiegel schonmal steil ansteigen! Das ist massiv suchterzeugend – das ist ein Spiel wie für mich gemacht! Und wer noch mehr Abwechslung sucht, kann auf der Homepage von Autor Michael Schacht nach Varianten schauen.
Prädikat: 2 von 3 Zebras
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