Erstveröffentlichung am 3.5.2004 bei Hall9000.
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Pendoka besteht aus Holzkugeln, die mit kleinen Kunststoffstäbchen verbunden werden können. Da alle Kugeln jeweils vier gleichmäßig angeordneten Bohrungen enthalten, entstehen dadurch Fünfecke und geknickte Sechsecke. Aus diesen beiden Grundmustern lassen sich Dodekaeder (12-seitiger „Würfel“) und Diamantgitter erzeugen. Da die Kunststoffstäbchen sich etwas verbiegen lassen und sich der Abstand der Kugeln leicht variieren läßt, können auch komplexere, aus Dodekaedern bestehende Gitter konstruiert werden.

Die Anleitung zu Pendoka enthält einige Ideen für Spiele und Puzzles rund um dieses Stecksystem. Zum Beispiel sollen die Spieler durch taktisches Stecken möglichst schnell alle ihre Stäbe und Kugeln ihrer Farbe verbauen („Masters of Pendoka„). Bei „Zauberball“ zerlegen erst alle Spieler ein Dodekaeder in ein Netz und präsentieren es ihren Mitspielern, die es wieder zusammendrehen und -stecken sollen. In weiteren Varianten gilt es, eine Kugel des Gegners einzubauen („Your turn“) oder vier Kugeln in eine Linie zu bringen („Diamantvierer“).

„Oh toll: Stäbe und gelöchterte Kugeln, da will ich doch gleich mal Ikosaeder und Tetraeder basteln“ war mein erster Gedanke, als ich Pendoka sah. Einige Steckversuche später folgte die Ernüchterung. Tetraeder? – Oktaeder? – Ikosaeder? – Pustekuchen! Die vier Bohrungen erlauben nur Fünfecke.

Nun gut, also steckt man erst mal einen Dodekaeder zusammen. Und, weil es so lustig ist, fügt man an jede seiner Seiten noch einen weiteren hinzu. Da bald das Material auszugehen droht, werden die inneren Kugeln wieder entfernt und es entstehen immer größere Bälle. „Das geht doch gar nicht“ ruft da das mathematische Gewissen und auch die Anleitung klärt uns knapp über den Pentagonwinkel von 108° auf, der keine Raumfüllung zulässt. Doch ist gerade dies die Faszination, die von Pendoka ausgeht. Beim Basteln merkt man, wie weit die Geometrie gebogen und verzerrt werden kann, wie irgendwann die Verbindungen krumm und schief werden und schließlich aufreißen. So weit – so lehrreich.

Alle, die platonische Körper und Kristall- oder Molekülstrukturen schon immer öde fanden, werden leider auch dieser Faszination nicht erliegen und sich langweilen oder ärgern. Denn die mitgelieferten Spielideen für Pendoka vermögen nicht zu begeistern. Abwechselnd steckt jeder vor sich hin, und wer die meisten Fehler macht, verliert. Da kann auch kein „Romeo und Julia“ ab 18 Jahren (vermeintlich lustig: „…verbinde den Romeostab mit der Juliakugel, …“ – na ja) die Mitspieler zu weiteren Versuchen animieren. Ein wenig bastelten und experimentierten einige Mitspieler nach dem Spiel gerne weiter.

Ob hingegen, wie in der Anleitung angepriesen, auch schon Vierjährige mitspielen können, oder ob sie nicht lieber ein Holzkugelwettessen veranstalten, kann ich nicht beurteilen. Spaß am Stecken werden sie keinen haben, denn die Löcher in den Kugeln sind leider nicht präzise gebohrt. Bei einigen Kugel sind die Löcher lackiert, bei anderen nicht. Dies hat zur Folge daß sich einige Verbindungen nur mit roher Gewalt stecken lassen, die Vierjährigen nicht zuzumuten ist. Der Hersteller schlägt zwar vor, die Stäbe in solchen Löchern einige Zeit zwecks Materialanpassung halbeingesteckt zu belassen. Nur, im Eifer des Gefechts mag man keine halbe Stunde Pause machen, und einige Verbindungen wollen nicht mal ansatzweise halten. Am ärgerlichsten sind jedoch die etwas zu weit geratenen Löcher, aus denen die Stäbchen wieder herausfallen.

So ist Pendoka leider nur eine interessante Spielerei. Dies ist schade, denn bei einer besseren Verabeitung und mit schönerem Material könnten sowohl Kreativität als auch der Übergang vom regelbasierten zurück zum freien Spiel gefördert werden. Ähnlich wie bei „Das Spiel“ aus der Edition Perlhuhn wären viele weitere spannende Spielereien vorstellbar.

Es gibt aber auch Spielrunden in denen Pendoka deutlich besser ankam. Zum Beispiel wurde bei der Variante „Fünferkette“ munter diskutiert und es kam sogar etwas Spannung auf. Es gewinnt, wer entweder fünf Stäbchen oder fünf Kugeln in eine Reihe steckt. Dabei darf immer nur eine Kugel oder einen Stab gesteckt werden. Wenn nun ein Spieler an sein viertes Stäbchen eine Kugel steckt, so sind drei andere Mitspieler gezwungen ihrerseits Stäbchen in die verbleibenden Löcher der Kugel zu platzieren. In diesem „gemeinsam einen Sieg verhindern“ liegt ein gewisser Reiz.
03.05.2004

POSTSCRIPTUM:

LJ55

Nach Pendoka kräht wohl kein Hahn mehr, auch die schicken Magnetbaukästen von Catch Mag sind wieder von der Spielemesse verschwunden. Ein wenig schade ist es schon, denn die Idee und das Material waren durchaus originell. Nur als Spiel konnte es nicht überzeugen.

Der eigentliche Grund für dieses Postscriptum ist auch weniger die wehmütige Erinnerung an bessere Spielertage.0 von 3 Lorbeeren
Prädikat
: 0 von 3 Lorbeeren
Ich suchte vielmehr einen Aufhänger eine Abbildung meiner nur 10 Jahre alten Diplomarbeit „Untersuchungen hochdimensionaler Potentialflächen von Clustern“ zu veröffentlichen und unauffällig einen Link auf sie in einen Artikel einzustreuen. (Achtung, sie hat einen für die damalige Zeit schon fast unverschämten Umfang von annähernd 6MB. Anschauen lohnt sich trotzdem, denn sie enthält noch viele weitere, sogar bunte Bilder.)

Ein Kommentar

  1. Sobald ich das Bild am Anfang der Postscriptum gesehen hab, habe ich an dies gedacht. Das Muster plan von Avalon Hill Titan.

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