Holland, das ist Käse, Tulpen, Windmühlen und Coffeeshops. Mit einem dieser Begriffe hat Seeland nichts zu schaffen. Klar, die familienfreundlichen Ravensburger Spieleproduzenten wollen das Klischee Frau Gouda-Antje aus Holland nicht weiter belasten. Wie der Titel schon vermuten lässt, geht es bei Seeland, um Wasser und Land. Sumpfige Flächen sollen mit Mühlen trockengelegt werden um der Landwirtschaft mit Tulpen, Kohl und Butterblumen den Boden zu bereiten.

Bild von Seeland

Seeland ist zunächst ein klassisches Legespiel. Wer am Zug ist, legt entweder eine Mühle aus und markiert sie mit einem eigenen Mühlenpöppel oder er platziert ein Landwirtschaftsplättchen, meist neben eine Mühle. Sind alle sechs angrenzenden Felder einer Mühle belegt gibt es Punkte, und der Mühlenpöppel kann erneut gespielt werden. Jede Mühle und jede Landwirtschaft bringt 0 bis 7 Punkte. Wer lustig bunt pflanzt, indem er Kohl, Tulpen und Butterblumen neben eine Mühle legt, bekommt 5 Extrapunkte. Langweilige Monokulturen um eine Mühle mit nur einer Pflanzensorte bringen pauschal null Punkte.

Seeland kommt nicht nur klassisch daher, es hat auch moderne Komponenten. Die aktuelle Spielemode verlangt ja immer noch nach einem Rondell. Bei Seeland ist alles größer und besser, deshalb gibt es ein gekoppeltes Doppelrondell. In einem inneren Kreis rast ein schwarzer Pöppelknecht immer einen Schritt vorwärts und gibt das zu legende Plättchen vor. Wer damit nicht glücklich ist, kann den schwarzen Pöppelknecht weitere Felder laufen lassen. Dazu muss ein eigener Pöppel auf dem äußeren Rondell voranschreiten. Das äußere Rondell symbolisiert einen Rundweg durch ein niederländisches Städtchen. Da es in Holland gerne nass ist und die Straßen der Ortschaft noch nicht asphaltiert sind, ist deren Boden recht schlammig. Welcher Pöppel möchte schon durch den Dreck spazieren? Deshalb legten die Stadtväter fünf goldene Riesenmünzen aus, auf denen Pöppel trockenen Fußes wandeln können. Klar, erst wenn auch der letzte Pöppel sich zu einem Schritt bemühte, können die eifrigen Stadtbewohner die nun freie letzte Münze an vorderste Stelle verlegen. Solange müssen eilige Pöppel vorne warten und können im inneren Rondell den schwarzen Pöppelknecht immer nur ein Feld voranschleichen lassen.

Spieletrendscouts wissen es schon lang: Rondells sind sowas von Out. In sind variable Spielmodule: Kaufe ein Spiel – kriege einen Baukasten! So enthält Seeland gleich drei Erweiterungen, die selbstverständlich beliebig kombiniert werden können. Der gewissenhafte Rezensent hat also 1+3+3+1=8 verschiedene Spiele mit jeweils 2, 3 und 4 Spielern ausgiebig zu testen um dann die perfekte Kombination empfehlen zu können. Der gewissenhafte Rezensent verrät aber auch nicht zuviel, sondern lässt Konsumenten noch genug zum selbst entdecken. Ich sage deshalb nur: Die Testpartie 356b war der Bringer!

Seeland ist ein braves Spiel. Es gibt zwar einige Möglichkeiten, Mitspieler mehr oder weniger offensichtlich zu ärgern. Es gibt auch einiges zu optimieren und ein paar Tricks zu erforschen. Vor jeder Entscheidung gilt es aber dann doch, den Wert jeder Zugmöglichkeit zu errechnen und das ist schlicht etwas öde. Klar, wer will, kann auch aus dem Bauch heraus agieren und sich so das Spiel erspielen. Dann ergeben sich aber Endergebnisse der Art: 93, 158, 167, 249. Mit Spannung haben solche Spiele nichts am Hut. Die verschiedenen Module helfen in solchen Fällen auch nicht weiter, da die zusätzlich erreichbaren Boni oder Abzüge pro Spieler etwa 10 bis 30 Punkte und damit nur etwa 10% des Endstandes ausmachen.

In einer konzentrierten Runde kann schon etwas mehr Spannung aufkommen. Mehr als durchschnittlicher Spielspaß entsteht dabei aber auch nicht, da Seeland keinen besonderen Spannungsbogen bietet. Die Punktmöglichkeiten sind über die gesamte Spieldauer in etwa gleich. Damit spielt sich jeder Zug ähnlich. Die Möglichkeiten sind so offensichtlich, dass auch keine Spannung durch mitfiebern aufkommt, ob ein Mitspieler nun Zugvariation A oder B durchführen wird.

Bild von 1 von 3 Sümpfen
Prädikat
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1 von 3 Sümpfen

Dabei ist Seeland tadellos konzeptioniert und produziert. Das Spiel funktioniert, und in wenig kritischen Runden kann es einige Runden lang gefallen. Worüber wir nun aber schon seit Wochen grübeln: Gab es den Zugmechanismus des äußeren Rondells schon einmal in einem anderen Spiel? Uns überkam spontan ein Déjà-vu Erlebnis, wissen aber nicht von welchem Spiel. (Wer mehr weiß, darf uns dies gerne mitteilen.) Mittlerweile glaube ich, dass diese schöne Idee wirklich neu ist, und allein dafür lohnt sich eine genauere Beschäftigung mit Seeland.

P.S.: Für alle Schnellmerker: Natürlich sind es keine Butterblumen. Doch die Vorstellung, selbige anzubauen ist irgendwie lustiger als die Raps-Kultivierung.

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