Erstveröffentlichung am 23.11.2006 bei Hall9000.
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Taluva entführt uns in die Südsee: Welcher Stamm breitet sich am erfolgreichsten mit seinen Tempeln, Hütten und Türmen aus, und schafft es so, den Vulkanausbrüchen zu trotzen?
Beginnend mit einem kleinen Inselchen – bestehend aus einer Landschaftstafel aus 3 Hexfeldern – startet der erste Stamm mit einer kleinen Hütte und gründet die erste Siedlung. In jedem weiteren Zug wächst die Insel: Reihum zieht jeder Spieler eine Landschaftstafel, positioniert diese und muss seinen Stamm erweitern.
Schauen wir uns dies ein wenig detaillierter an: Jede Landschaftstafel besteht aus zwei bebaubaren Feldern in 5 Gebietstypen. Das dritte Hexfeld zeigt immer einen Vulkan, der natürlich kein Bauland bietet. Angelegt werden kann eine Tafel zunächst angrenzend an andere Tafeln. Um in die Höhe zu wachsen, kann man auch den Vulkan ausbrechen lassen: Dazu legt man die Tafel mit ihrem Vulkanfeld über ein anderes Vulkanfeld und muss lediglich zwei Dinge berücksichtigen: Zum einen wächst kein Vulkan steil und stur in die Höhe. Daher muss eine Tafel mindestens zwei unterschiedliche Tafeln der niedrigeren Ebene überdecken. Außerdem sind Vulkane „human“ und führen niemals zur Auslöschung ganzer Siedlungen. Hütten beliebiger Spieler (auch eigene!) dürfen zwar überbaut werden, allerdings niemals das letzte Gebäude eines Dorfes, und schon gar nicht die religiösen und adligen Gebäude Tempel und Turm.
Nach der Landschaftspflege muss gebaut werden: Eine Neugründung einer Siedlung beginnt immer mit einer Hütte auf der untersten Ebene. Neue Baugrundstücke für diese Einfamilienhäuser erschließen kann man, indem man eine der 5 Landschaftsarten auswählt und eine Siedlung auf allen angrenzenden Feldern dieses Typs wachsen lässt: 1 Hütte auf der untersten Ebene, 2 Hütten auf der zweiten Ebene, etc. Besitzt man bereits eine Siedlung von mindestens 3 zusammenhängend bebauten Feldern, kann man angrenzend bereits einen Tempel errichten, allerdings darf sich noch kein anderer Tempel in dieser Siedlung befinden. Auch die Türme sind da eigen und dulden in derselben Siedlung keine anderen Türme neben sich. Allerdings stellen sie andere Ansprüche: Auf der 3. Ebene muss ihr Bauplatz schon sein. Kann man weder Tempel noch Turm errichten und hat auch nicht mehr genügend Hütten zum Siedlungsbau, scheidet man sofort aus!
Gewinnen kann man auf zwei Arten: Der Express-Sieg ist erzielt, sobald es gelingt, zwei der drei Gebäudearten komplett zu verbauen. Gehen die Landschaftstafeln aus, gewinnt, wer die meisten Tempel errichten konnte. Bei Gleichstand werden zuerst die Türme herangezogen, herrscht dann immer noch ein Unentschieden, entscheidet die größere Zahl der verbauten Hütten.
Fazit:
Beginnen wir mit einer kleinen Namenskunde. Um den unaussprechlichsten Spieletitel konkurrierte Taluva mit seinem fiktiven Namen auf der Spiel ’06 wohl nur mit Spielen wie Graenaland oder Hermagor. Als üblichste Verballhornung habe ich „Tavula“ angetroffen – wenn ich es ausgesprochen höre, denke ich eher an das italienische „tavola“ und bekomme Hunger. Zum Glück gab es in der Woche nach der Messe einen kleinen Artikel in der Tageszeitung über die Insel Tuvalu im Pazifischen Ozean, so dass ich als mögliche etymologische Erklärung auf eine Variation dieses real existierenden Inselnamens plädiere.
Gehen wir über zum Spielmaterial. Die stabil gestalteten Landschaftsfelder zaubern eine faszinierend schöne, dreidimensionale Insel-Landschaft auf den Spieletisch und bieten damit einen ästhetischen Genuss. Auch die Gestaltung der Holzgebäude passt sich wunderbar ein. Zusammen mit dem einfachen und gut verständlichen Regelwerk kann es recht flott losgehen mit der Besiedelung.
Die ersten paar Züge können sich von Partie zu Partie schon deutlich unterscheiden: Kristallisiert sich eine kompakt gebaute Insel heraus, oder eine zerklüftete und zergliederte Landschaft? Schnell wird klar, dass es gar nicht so einfach ist, die Mitsiedler so weit von den eigenen Bauten fernzuhalten, dass bis zum nächsten eigenen Zug die Mindestgröße zum Tempelbau nicht schon wieder durch einen Vulkanausbruch zunichte gemacht wurde.
Es gilt, das richtige Maß zu finden zwischen eigener Ausbreitung und der Durchkreuzung der gegnerischen Pläne. Wer einen ausgesprochen konstruktiven Zeitgenossen vor sich sitzen hat, kann gute Vorlagen erhalten. Taluva hat damit ein nicht unerhebliches Königsmacherproblem; wenn es nämlich gelingt, einen kurz vor dem (Express-)Sieg stehenden Spieler einzudämmen – mitunter benötigt man hier sogar vereinte Kräfte! Meist jedoch steht dann schon der nächste Spieler auf der Matte und kann seine eigene Chance realisieren und den Sieg davontragen.
Es ist für ein ausgewogenes Spielvergnügen wichtig, dass alle Spieler etwa die gleiche Spielstärke besitzen. Ist dies der Fall, ist Taluva allerdings ein taktischer Leckerbissen, bei dem man ganz genau hinschauen sollte, um den Überblick zu behalten. Wer schafft es am besten, durch geschickten, separierten Ausbau der Landschaft seine Siedlungen so zu entwickeln, dass sie gegen Vulkanausbrüche und die Ausbreitungsbestrebungen der Mitspieler geschützt sind? Steht dieser Wettbewerb im Vordergrund, wird genau der Mechanismus des vorzeitigen Spielsiegs, der zu den oben erwähnten Königsmachersituationen führen kann, zum Spannungsgaranten.
Kathrin Nos – 23.11.2006
Als Taluva Anno 2006 erschien, waren wir hellauf begeistert. Heute sind wir kritischer. Nicht dass Taluva schlechter geworden wäre, nur: wer kennt und spielt es noch? Über den Jahrgang hinaus konnte es keine Wirkung entfalten. Aus diesem Grund jubeln wir heute verhaltener.
Prädikat: Pausentatze |
Prädikat: 1 von 3 Tempeln |
Neulich wagten wir mal wieder eine Partie zu viert. Ich finde das Spiel immer noch sehr gut, allerdings nur zu zweit. Mit mehr Spielern offenbaren sich unter der Last der Jahre die Schwächen deutlicher: Taluva ist extrem vergrübelt, und kleinste Fehler bringen einem Gegner unausweichlich den Sieg. Im eigenen Zug gilt es vor allem, alle möglichen Vorlagen zu erkennen und zu verhindern, dass ein Mitspieler einen Vorteil erlangen kann. Taluva kann entweder gruppendynamisch gespielt werden. Dann dürfen die Mitspieler gute Ratschläge geben, um Königsmacherzüge zu verhindern. Alternativ ist vollständiges Schweigen übers Spielgeschehen geboten. Beide Varianten führen potenziell zu frustrierten Mitspielern. Kein Spiel verlief bei uns jemals über die komplette Spieldauer. Immer gewann ein Mitspieler vorzeitig.
Peter Nos