Auf die enge Verwandtschaft von Essen und Spielen wurde an dieser Stelle schon einige Male hingewiesen. So lässt sich die Güte von Spielen mit verschiedenen Gerichten vergleichen. Manch ein Spiel erinnert etwa an Fast Food, andere Spiele lassen sich nur frisch geniessen. Die allzu kurze Höchsthaltbarkeit dieser Blender ist für Kritiker besonders verführerisch. Nach dem ersten Partie munden sie perfekt. Auch der zweite Test ist noch ein Genuss. Doch nachdem der Reiz des neuen verpufft, hinterbleibt nur schale Fertigkost. Andere Spiele wirken zunächst wenig aromatisch und entfalten ihre Qualitäten erst nach vielen Spielen.
Besonders der Test der großen, komplexen Spiele benötigt aber eine längere Vorbereitungszeit. Einzelne Partien dauern lange, Testgruppen sind schwerer zu finden, und umfangreichere Spielserien sind notwendig, bevor ein Urteil gefällt und die Rezension angefertigt werden kann. Verständlicherweise erwartet gleichzeitig die Leserschaft die ersten Kritiken eines Spiels mit knurrendem Magen.
Da ist es nur allzu begreiflich, dass sich manch ein Tester übermannen lässt und halbgare, unausgegorene Texte veröffentlicht. Wohl gemerkt, an abweichenden Meinungen, PEEPs und durchdachten Schnellrezensionen habe ich nichts auszusetzen. Die Grundlage einzelner Kritiken erscheint mitunter aber sehr dünn (Nein – ich nenne keine Beispiele. Solche wird jeder Luding Kenner zur Genüge selbst finden können. Helfen kann dabei auch unsere Übersetzungshilfe Rezi – Deutsch).
Wir wollen natürlich auch alle Neuheiten möglichst schnell erspielen. Da sich dieser Wunsch zwangsweise den für Rezensionen notwendigen Tiefentests zuwiderläuft, versuchen wir uns an einem Kompromiss und veröffentlichen zunächst Rezensionen zu Neuauflagen und kürzeren Spielen. Für beide Kategorien lässt sich schneller die notwendige Zahl an Testpartien absolvieren.
Einige wenige Spiele reifen wie guter alter Wein mit den Jahren und werden immer besser. Ein Beispiel dafür ist À la carte von Karl-Heinz Schmiel. Es erschien lange bevor wir begannen Spiel zu horten, und als wir es schließlich kennenlernten, war es längst vergriffen. Um so mehr freut uns die Neuauflage, die zeigt, dass auch bei Spielen Gutes noch besser werden kann.
Zunächst wurde eine zeitgemäße Verpackung gefunden und das Material verschönert. Das Auge spielt schließlich auch mit. Vielleicht fehlt dem Spiel nun der individuelle Flair des Kleinverlags, dieses vermeintliche Manko wird jedoch spätestens beim genauen Studium der ideenreichen Grafiken für die einzelnen Gerichte vergessen.
Bis auf kleinere Details ist die Spielidee weitgehend gleichgeblieben. Der beste Koch wird gesucht. Dazu bekommt jeder eine Pfanne und einen Herd vom Typ Schmiel 2009 und sucht sich ein Gericht zum Vorkochen aus. Die Speise benötigen unterschiedlich viele Gewürze oder Kräuter und müssen auf bestimmte Temperaturen erhitzt werden. Zum Würzen gibt es kleine Behälter mit Gewürzmischungen, die schwungvoll über der Pfanne ausgestreut werden müssen. Leider enthalten sie wie im echtem Leben zuviel Salz und schneller als reagiert werden kann, ist die Speise versalzen oder verwürzt. Dann bleibt nur noch der Mülleimer als gnädiger Abnehmer.
Geheizt wird per Würfelwurf, dadurch ist es auch ein Leichtes, Gerichte anbrennen zu lassen. Mülleimer mögen auch verkohlte Gerichte. Maßvoll gewürzt und gerade richtig gebrutzelte Gerichte werden serviert und bringen Siegpunkte. Perfekt zubereitet sogar einen Stern. Mit drei Sternen ist das Spiel sofort gewonnen. Eine Sonderrolle nimmt die Crêpe Suzette ein. Sie muss mit einem beherzten Schnick gewendet werden und landet meist direkt im Mülleimer.
Dies alles klingt nun wenig taktisch und sehr albern. Na und?! Doch der Eindruck täuscht! Mit ein wenig Übung geht so manches Gericht leichter von der Hand, und ein wenig Einfluss ist schon gegeben. Darüber hinaus ist À la carte aber vorrangig ein gelungenes, lustiges Spiel, das nicht allzu Ernst genommen werden sollte. Dabei ist es auch mit zwanzig Jahren auf dem Buckel noch ungeschlagen.
Prädikat: 2 von 3 Gewürzen